Herr K., der Gelegenheitskritiker

Der Gelegenheitskritiker: Humor vom Feinsten

Der Gelegenheitskritiker: Der Protagonist dieser äußerst lesenswerten und sarkastischen Dialogsammlung, Herr K. ist Gelegenheitskritiker. Gelegenheitskritiker ist er aber nicht, weil er sonst anderen Beschäftigungen nachginge, sondern, „weil er nach Gelegenheiten suchen musste, Bücher besprechen zu können und dafür dringend benötigtes Geld (vornehmer: Honorar) zu erhalten. Er lebte von diesen Gelegenheiten.“ Da es sich davon allerdings mangels Auftragslage nicht besonders gut leben lässt, zieht er von Stuttgart nach Leipzig, denn Leipzig ist. Immer noch. Eigentlich suchte er aber auch einen „guten Platz für seinen Schreibtisch“ und seine Bücher und Bücherregale, denn auch in der neuen Wohnung, die viel geräumiger ist als die alte, stellt sich natürlich die Frage: kaufen oder selber bauen. Natürlich ist Herr K. eine Anspielung an einen ganz großen der Weltliteratur. Sie dürfen selbst raten, wer damit gemeint ist.

Stichhaltige Dialoge voller Häme

Bücherregale sind „die transzendentale Dimension und Fortentwicklung der Arbeit am Schreibtisch“ philosophiert er vor sich hin und beantwortet das Dilemma alsbald mit dem lapidaren Satz: „Bücherregale baut man sich selber.“ Schnell wird auch seine neue Wohnung zu einem Bücherlager: „Er lebte gerne zusammen mit den Büchern, das war die simple Antwort.“ Und warum ausgerechnet mit Lesen und Büchern sein Leben verbringen? Weil sich bei Herrn K. beim Lesen unmittelbar ein „leichtes Gefühl der Benommenheit“ einstellt: „Die Welt drehte sich in einem anderen Takt als er.“ Das tut immer wieder gut. Allein, das Problem ist die Auftragslage, denn Herr K. muss sich seine Auftraggeber immer wieder selbst suchen. Und so entspinnen sich immer wieder witzige Dialoge mit Vertretern des Rundfunks, die seine Rezensionen im Radio unter die Leute bringen. „Zyniker aller Länder vereinigt euch.“, heißt an einer Stelle des Buches, in Abwandlung des berühmten Marx-Zitates über die Proletarier. Von „mäandernder Prosa“ oder „Gesäusel“ kann hier gar keine Rede sein. Klaus Siblewski Humor sticht an vielen Stellen und ist präzise wie ein chirurgischer Eingriff. Sachen zum Lachen auf hohem Niveau.

Der Gelegenheitskritiker: Spott auf hohem Niveau

Spitzfindige Dialoge zu und über die Sinnhaftigkeit von Werken verschiedenster Autoren wie etwa Martin Walser, Martin Mosebach, Thomas Hettche, Fritz J. Raddatz gehören zur Grundausstattung der hier vorliegenden Lektüre, die nicht nur für Literaturkritiker und solche die es werden wollen amüsant zu lesen sind. Die Einsicht in Abläufe jenseits realistischer Zwänge sei eines der vornehmsten Felder der Literatur, so der Protagonist an einer Stelle. Er schreibe schließlich nicht über den Kleidungsstil von Autoren, sondern über deren Werk. Auch wenn man Rundfunkangestellte glauben, dass es dabei einen Zusammenhang gebe. Der pädagogische Auftrag des Rundfunks wird von Herrn K.s Gesprächspartnern immer wieder betont und natürlich ist sich Herr K. dieses Auftrags bewusst: Glänzende Kritiken über lahme Bücher und nicht lahme Kritiken über glänzende Bücher. Denn auch Literaturkritik ist schließlich ein Geschäft, das florieren muss.

Klaus Siblewski

Der Gelegenheitskritiker

Hardcover, gebunden, 240 Seiten

Format:125 x 205

ISBN: 9783701734252

Erscheinungsdatum: 19.09.2017

Residenz Verlag


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