Die Letzten ihre Art

Douglas Adams, Autor bekannter Science-Fiction-Abenteuer wie der Weltraumodyssee »Per Anhalter durch die Galaxis«, ist auch als Verfasser amüsanter Reiseschilderungen empfehlenswert, die ausgelassenes Lesevergnügen bieten.

»Die Letzten ihrer Art« nennt Adams seine Reiseberichte zu den aussterbenden Tieren unserer Erde, die er gemeinsam mit dem Zoologen Mark Carwardine unternahm. Wer ein staubtrockenes Sachbuch vor ernstem Hintergrund erwartet, wird positiv enttäuscht.

Federleicht und unaufdringlich beschreibt der Autor seine Expeditionen zu den Komodo-Waranen, die ihm wegen ihres penetranten Mundgeruchs auffallen, zu den Kakapos, den dicksten und flugunfähigsten Papageien Neuseelands, zu den letzten weißen Nashörnern in Zaire und zu den Aye-Aye, merkwürdigen, nachtaktiven Lemuren mit Fledermausohren, Biberzähnen und straussenfederähnlichen Taillen, die in Madagaskar auf Bäumen hocken und sich verstecken.

Bereits die Suche nach dem Aye-Aye gestaltet sich für die Forschungsreisenden zu einem Alptraum. Der Landwirtschaftsminister hatte zugesagt, ihnen zwei Landrover und einen Hubschrauber zur Verfügung zu stellen. Es stellt sich bald heraus, dass er leider nur ein Moped hat, und das ist kaputt.

Mit wundervoller Leichtigkeit schildert Douglas Adams in der ihm eigenen humorigen Art Ablauf und Ereignisse der Expeditionen in Dschungel und Regenwald, wobei er – wie ungewollt – Informationen über die Tiere und ihre Lebenswirklichkeit einstreut.

In Zaire vermittelt den Reisenden bereits in der Zollhütte des Flughafens Bukavu ein farbiges Foto ein Bild davon, was sie bei ihrer Suche nach bedrohten Tierarten in der früheren Kolonie Belgisch-Konto erwartet. Auf dem Lichtbild ist ein Leopard zu sehen. Das heißt, so schildert es Douglas Adams in seiner britisch-trockenen Art, »auf dem Bild war nur ein Teil des Leoparden zu sehen. Das bewusste Leopardenteil war zu einem ziemlich adretten Pillenschachtel-Hütchen umgestaltet worden und schmückte den Kopf von Marschall Mobutu Sésé Séko Kuku Ngbendu Wa Za Banga, dem Präsidenten der Republik Zaire, der mit gebieterischer Ruhe auf uns herabsah, während zwei seiner Beamten uns in die Mangel nahmen.«

Dennoch gelingt es dem Team, einige der letzten von Wilderern noch nicht getöteten weißen Nashörner zu sehen. Außerdem beobachten sie aus nächster Nähe eine Herde Berggorillas, deren Überleben in einem Nationalpark gesichert wird. Unverändert herrscht ein reger Handel mit Gorillaschädeln und -händen, die an Touristen und Auswanderer verkauft werden, die irrtümlicherweise glauben, die Gorillateile würden auf ihrem Kaminsims besser wirken als am Körper der ursprünglichen Besitzer.

Auf die Reise zu den letzten Drachen dieser Erde gehen Adams & Co. mit einem Fischerboot, das von weitem einem Stück Treibholz gleicht. in Begleitung von vier Hühnern landen sie auf der Insel Komodo, die den dort lebenden Reptilien Heimat und Namen gibt. Sie erleben eine traurige Touristenschau, bei der übersättigte Riesenechsen Fleischbrocken von einem Haken reißen und angewidert liegen lassen. Ebenso angewidert verlässt Adams die Insel der Warane. Er notiert, dass wir die Verkörperung dessen, was wir als »böse« bezeichnen, in Dingen entdecken, die nicht in uns sind, sondern in Lebewesen, die von all diesen Fragen nichts wissen, weshalb wir uns von ihnen abgestoßen und uns selbst im Gegensatz zu ihnen »gut« finden können. – »Und falls es ihnen nicht aus eigener Kraft gelingt, uns ausreichend anzuwidern«, ergänzt Adams, »heizen wir sie mit einer Ziege an. Sie wollen die Ziege nicht, sie brauchen sie nicht, Falls sie eine wollten, würden sie Beute ohne fremde Hilfe finden. Das einzig wirklich Abstoßende, was mit der Ziege geschieht, verursachen in Wirklichkeit wir.«

Soweit die Gedanken des geistigen Vaters von Ford Perfect und Zaphod Beeblebrox, die mir Guido Grigat, Herausgeber von Kolumnen.de als freundschaftliche Reaktion auf meine Glosse »Ich kaufe mir ein wildes Tier« in gebundener Form zukommen ließ. Das Buch verschlinge ich an den Gestaden des Ionischen Meeres, das vielleicht auch noch Ungeheuer beherbergt, denen kaum jemand persönlich begegnen will. Argwöhnisch beobachte ich deshalb bei der Lektüre das Meer, und das Meer blickt ebenso argwöhnisch zurück.


Genre: Reportagen
Illustrated by Heyne München

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