… und aus bist du

Nika Lubitsch hat mit »… und aus bist du«, dem Erstling einer neuen Reihe von Berlin-Krimis, ein spannendes Feld betreten: Gemeinsam mit Michael Hellmann, einem langjährigen Ermittler bei einer Berliner Mordkommission, schreibt sie Polizei-Krimis mit dem Anspruch, die Realität ohne Sozialromantik abzubilden und die Möglichkeiten der Zukunft aufzuzeigen. Der Leser wartet nun gespannt darauf, ob diese Besonderheit das Buch einzigartig und unverwechselbar macht.

Nika Lubitsch liebt und atmet Berlin. Wer das noch nicht in ihren bisherigen Büchern gespürt hat, der wird mit ihrem Krimi »… und aus bist du« schnell davon überzeugt. Die Autorin steigt voll ins Milieu und wählt als Tatort den Neuköllner Körnerplatz, um den eine multikulturelle Melange siedelt, die sozial eher am unteren Ende der Gesellschaft rangiert. Die Arbeitslosenquote ist enorm, Alkohol fließt in Strömen, Gewalt zählt zur Alltagssprache. Wer Arbeit hat, versucht, sich sozial abzugrenzen und seine Familie zu schützen.

Genau aus diesem Grunde hat die Mutter der kleinen Hannah ihrer Tochter verboten, mit deren bester Freundin Céline und ihrer Clique zu spielen. Die Kinder reagieren alarmiert, als Celine plötzlich spurlos verschwindet. Im Stil von Kästners »Emil und die Detektive« gehen sie auf die Suche nach ihrer Spielgefährtin, die offensichtlich entführt wurde. Dabei suchen sie ihre versteckten kleinen Diebeslager in verstaubten Dachböden auf wie das abgebrannte ehemalige Spaßbad »Blub«, ein illegaler Abenteuerspielplatz, Handelsplatz für Junkies und Domizil für Obdachlose.

Parallel ermitteln die Hauptkommissare Claudia Westermann und Robert »Double-u« Robinson bei Celines Mutter. Die wurde von ihrem Lebensgefährten so lange verdroschen, bis der hinzukommende Sohn Denis, ein gutmütiger Riese mit enormen Körperkräften, den Familienstreit mit einem Messer beendete. Während der Stiefvater im Krankenwagen verblutet, taucht der Messerheld unter und fahndet ebenfalls nach seiner kleinen Schwester.

Es entspinnt sich ein rasant geschriebenes Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den verschiedenen Parteien, wobei die Ermittler relativ rasch Kontakt zu Dennis bekommen. Weit über den Rahmen ihrer dienstlichen Verpflichtungen hinaus helfen sie dem jungen Mann, von dessen Unschuld sie schnell überzeugt sind. Später werden sie ihn im Verhör durch Suggestivfragen zu Falschaussagen bewegen und darüber hinaus auch noch einen Strafverteidiger empfehlen. Diese Vorgehensweise, die offenbar aus dem Erfahrungsschatz des versierten Co-Autors stammt und möglicherweise dessen frühere Arbeitsweise charakterisiert, wirkt ungewöhnlich. Ob Mordkommissionen wirklich so arbeiten?

Die Liebe der Autorin zu ihrer Stadt wird auch in der Zeichnung ihres Personals deutlich. So ist es vor allem der bärige Dennis, der breit berlinert und vermutlich künftig zum Stammpersonal der nächsten Krimis aus der »Blue Light« – Reihe zählen dürfte. Denn – ohne zu spoilern – darf verraten werden, dass »Blue Light« der Name einer Kneipe in der Tiergartener Kurfürstenstraße ist, die Double-u, der keine Lust mehr auf den Job in der Mordkommission hat, am Ende des Romans eröffnet und den Jungen als Koch anstellt.

Mit ihrem Krimi präsentiert Nika Lubitsch den gut lesbaren Piloten für eine neue Reihe, die neben einer guten Portion Spannung auch die engen Grenzen der polizeilichen Ermittlungsarbeit zwischen förderalistischem Abgrenzungsgehabe, Berliner Bürokratie und Datenschutz aufzeigt.

Werbung


Genre: Krimi, Polizei-Krimi
Illustrated by Selbstverlag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert