Honigkuchen. Erzählung

Honigkuchen. Erzählung. Neben seinen beliebten Romanen hat Haruki Murakami auch immer wieder gerne Kurzgeschichten und Erzählungen geschrieben. Um eine solche handelt es sich bei “Honigkuchen“, die in vorliegender Ausgabe zudem von der Illustratorin Kat Menschik bebildert wurde. Ein Fest der Sinne.

Dreiecksgeschichte mit Bär

Ganz so wie Junpei der Schriftsteller, der Protagonist und Erzähler von “Honigkuchen” melancholische Geschichten schreibt, hat auch Murakami eine solche über ihn verfasst. Es geht um eine Dreiecksbeziehung, sein bester Freund, Takatsuki, heiratet die Angebetete Junpeis, Sayoko, und gemeinsam bekommen sie die kleine Sara, der Junpei die Geschichte von Bären erzählt. Masakichi und Tonkichi heißen die beiden Bären, die Honig und Lachs sammeln. Masakichi ist ein gutmütiger Bär, “er hört keine Punk und keinen Hard Rock, sondern Schubert, wenn er allein ist”, so Junpei. Mit Hilfe der Zwischenfragen der kleinen Sara entwickelt Junpei die Geschichte der beiden Bären spontan, denn es gibt sie noch nicht, diese Geschichte. Die Dreiecksbeziehung allerdings gibt es wirklich und hier ist Junpei wesentlich ungeschickter sie mitzuentwickeln. Denn er lässt sich von Takatsuki Sayoko einfach vor der Nase wegschnappen. Eine verhängnisvolle Entwicklung nimmt ihren unabänderlichen Verlauf.

Honigkuchen: Ein Herz für Zweifler

Von wichtigen Dingen hast du absolut kein Ahnung. Nicht die geringste. Ich frage mich, wie so einer Geschichten schreiben kann” wirft Takatsuki seinem immer noch besten Freund Jahre später vor. Junpei weiß es selbst nicht. Er ist genauso ratlos wie belesen. Doch dann kommt das Erdbeben und plötzlich wird alles ganz anders. Manches Mal braucht es so eine Naturkatastrophe, damit sich etwas ändert. Besonders bei den Erwachsenen. Sara leidet nach dem schrecklichen Erdbeben unter Albträumen und nur Junpei kann sie beruhigen, mit seinen Geschichten über einen Bären und seinen besten Freund. Und er ist fest entschlossen, für immer über Sayokos und Saras Schlaf zu wachen. So wie sein Junpei ist auch Haruki Murakami ein Meister der kurzen Form. In “Honigkuchen” zeigt er sein großes Herz für alle Zögernden und Zaudernden, die Zweifelnden und Abwartenden. Kat Menschik bebildert die warmherzige Geschichte in unvergessliche Bilder. Von Junpeis Katze bis Mutter und Tochter, die sich umarmen. Und natürlich die beiden Bären Masakichi und Tonkichi mit ihren Lachsen und ihrem Honig.

Die vorliegende Kurzgeschichte stammt aus dem Sammelband einiger seiner Erzählungen mit dem Titel “Nach dem Beben“, der ebenfalls – so wie viele andere Werke Murakamis – bei Dumont erschienen ist.

Haruki Murakami
Honigkuchen. Erzählung
Aus dem Japanischen von Ursula Gräfe
2023, Hardcover, 80 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, UV-Lack, bedrucktem Vorsatzpapier und Lesebändchen, 19 farbige Illustrationen,
Format 134 mm x 208 mm
ISBN: 978-3-8321-6823-0
Dumont Buchverlag
20,00 €


Genre: Illustrationen, Kurzgeschichten und Erzählungen
Illustrated by DuMont

Das Haus verlassen

Das Haus verlassen. Die Regisseurin Jacqueline Kornmüller brachte gemeinsam mit Peter Wolf u. a. die preisgekrönte Ganymed-Serie im Kunsthistorischen Museum auf die Beine. Zuletzt inszenierte sie Die unheimliche Bibliothek von Haruki Murakami im Wiener Odeon Theater und und brachte damit Kat Menschiks Illustrationen auf die Bühne (2022). In vorliegendem bibliophil gestalteten “Pappband” erzählt sie vom Zauber der Dinge und der Freundschaft mit einem alten Haus, das mit ihr spricht. Oder nur sie mit ihm?

Illustrationen wie ein Garten

Band 17 von Kat Menschiks illustrierten Lieblingsbüchern wird verziert von Skarabäen, Fröschen, Blumen oder Puppen und ist eine wahrlich poetische Geschichte über Besitz und das Loslassen davon. Es geht um das alte Feldsteinhaus, das sich nicht so ohne weiteres von seiner Besitzerin trennen möchte. Sie bemüht sich zwar allerhand illustre Gestalten zur Besichtigung in ihr Anwesen zu laden, aber irgendwie will sie selbst nicht so richtig fortgehen. Zehn Jahre lebt sie nun schon in diesem Haus und will sich nun endlich vom Besitz trennen, denn es warten schließlich noch andere Abenteuer auf sie. Aber denkste! Das Haus hat Krallen und hält sie fest, wie ein von Kafka abgeleitetes Zitat über Prag lauten könnte (“Dieses Mütterchen hat Krallen”). Schließlich gibt es auch nicht viele Häuser, die mit einem sprechen. Aber viele Häuser mit denen sprechen kann, ohne dass diese antworten.

Das Haus verlassen: Oder doch nicht?

Die raubeinige Dorfgemeinschaft ist einerseits neidisch, andererseits belächelt sie ihre Bruchbude, die immerhin Jahre auf dem Buckel hat. Aber vom Dachboden bis zum Kellergewölbe, wo sich das Bad befindet, bis zum verwilderten oder den uralten Obstbäumen: es ist ihrs. Die Bewerber und Bewerberinnen, allesamt Immobilientourist:innen, geben die Klinke in die Hand geben. Da gibt es die Belgier, das Ehepaar Salz, oder die Frau aus dem 19. Bezirk, der Herr der Innenminister-Mann, der Samstag-Mann und die Samstagsfrau, die Schwangere, die Suchende u.v.a.m. Bald dämmert es nur dem Haus, dass die Immobilientourist:innen den Wert des Hauses gar nicht wirklich erkennen und ihn auch nicht zu. Aber da draußen wartet das Leben auf die Erzählerin und sie muss einfach mal wieder weg. Aus diesem Dorf vor allem. Diesem Haus. Doch dann stirbt plötzlich die Queen im fernen England und alles wird ganz anders.

Eine hinreißende kleine Erzählung, die zum Nachdenken anregt und gleichzeitig durch ansprechende Illustrationen von Kat Menschik und Liebhaber:innen von Geschichten wie damals.

Kat Menschik, Jacqueline Kornmüller
Das Haus verlassen
Mit Illustrationen von Kat Menschik
2024, bezogener Pappband, Kupferfarbene Prägefolie, Farbschniþ,Lesebändchenca. 96 Seiten
ISBN 978-3-86971-286-4
Galiani Berlin
22 € (D) / 22,70 € (A)

 


Genre: Erzählungen, Illustrationen
Illustrated by Galiani

Djamila

Djamila. Djamila stammt von dem kirgisischen Autor Tschingis Aitmatow. Die beliebte Illustratorin Kat Menschik hat Djamila mit ihren Zeichnungen veredelt und der Galiani Verlag beides in einem schmucken Büchlein herausgegeben. Eine Synthese aus gleich mehreren Dingen also, möchte man meinen, zumal Louis Aragon die Geschichte als eine der schönsten Liebesgeschichten pries. Jetzt eben noch schöner mit Illustrationen von Kat Menschik. Auch Aragon hätte das gefreut.

Djamila und Danijar

Die “Kraft und Wucht der Liebe” hat Kat Menschik schon als Kind in der Erzählung Djamila begeistert. So bedingungslos muss die Liebe sein, schreibt sie im Nachwort. “Man wünscht sich auch einmal so etwas erleben zu dürfen”. Vielleicht mache gerade das den Zauber der Erzählung aus. “Djamila” erzählt allerdings von einer vorerst unmöglichen Liebe. Denn sie selbst ist verheiratet und ihr Geliebter Kriegsinvalide. Djamilas Ehemann ist in den Großen Krieg gezogen, kurz nach der Hochzeit. Aber er hatte ohnehin kein Interesse an Djamila. Und so beginnt sie, völlig unabsichtlich, sich zuerst in die Lieder von Danijar zu verlieben. In seinen Liedern offenbaren sich tiefe Sehnsucht, Schmerz und die Liebe zur Welt. Eine sommerliche Augustnacht in den Bergen Kirgisiens verstärkt den Zauber der verbotenen Liebe und bald liegen sich die beiden in den Armen.

Liebe ohne Bedingungen

Said, der 15-jährige Schwager und ständigen Begleiter Djamilas ist der Erzähler der Geschichte. Denn er beobachtet schon seit längerem, was sich zwischen den beiden anbahnt. Er sieht die verbotene Liebe erwachsen, bewahrt aber das Geheimnis für sich. Er erzählt es niemandem, denn es würde gegen die strengen moralischen Sitten der Kirgisen verstoßen. Auch Said ist durch Danijars Gesang inspiriert und findet dadurch Zugang zu seiner künstlerischen Natur als Maler. Seinen Leinwänden kann er sein Geheimnis anvertrauen und so malt er ein Bild, das die beiden jung verliebten zeigt. Er verfolgt staunend mit, wie die Verliebten den von allen anderen für unüberwindbar gehaltenen Gesetzen der Tradition entgegentreten und tut sein bestes ihnen zu helfen. Doch ls Djamilas Ehemann zurückkehrt, muss das Liebespaar aus dem Dorf fliehen. Als sein Bild entdeckt wird, ist auch für den jungen Said der Moment des Abschieds und Aufbruchs in die Welt gekommen.

Die Illustrationen im zwölften Band von Kat Menschiks Reihe ihrer Lieblingsbücher sind zauberhaft, sehnsüchtig und sonnendurchtränkt wie ein Hochsommertag in der kirgisischen Landschaft. Im August. Louis Aragon (1897-1982) entdeckte die Erzählung und übersetzte sie ins Französische. Mit seiner Übersetzung machte er aber auch den kirgisischen Autor und seine Djamila weltberühmt. Für SchülerInnen in der DDR war „Djamila“ übrigens Pflichtlektüre.

Tschingis Aitmatow/Kat Menschik
Djamila
Illustrierte Lieblingsbücher, Band 12
Übersetzt von: Gisela Drohla
2022, Hardcover, illustriert, 112 Seiten
ISBN: 978-3-86971-253-6
Galiani-Berlin


Genre: Illustrationen, Kirgisien, Liebesgeschichte, Märchen
Illustrated by Galiani

Reineke Fuchs

Reineke Fuchs, die Tierfabel für Erwachsene

Reineke Fuchs: Die Geschichte über den schlauen Fuchs ist schon mehrere Jahrhunderte alt, aber dennoch brandaktuell. Das parabelhafte Epos, das erstmals 1498 in deutscher Sprache erschien, wird in dieser wunderschön illustrierten Ausgabe von Matthias Reiner nacherzählt. Reinhard Michl hat in seinen Illustrationen geradezu Ikonen geschaffen, so gut sind seine Zeichnungen gelungen.

Reineke Fuchs, der schlaue Fuchs

Das Volksbuch, Klassiker und Kinderbuch, ist zwar schon in unzähligen Auflagen und Ausgaben erschienen, aber die vorliegende ist auch von außen wunderbar gestaltet und ausgeführt. Für diese wundervolle Ausgabe der Insel-Bücherei wird der Urtext nacherzählt, die Reinhard Michl mit seinen unverwechselbaren Bildern illustriert. Aber kommen wir zur Handlung. König Nobel lässt zu Pfingsten alle Tiere wie jedes Jahr zum Hoftag rufen. Bis auf einen erscheinen alle. Und wohl gerade deswegen hört der König einen Haufen Klagen über ihn. Richtig geraten, Reineke Fuchs ist der Abkömmling, der sich drückt. Also sendet Nobel hintereinander drei Boten aus, den Luderling zu ermahnen. Als erstes schickt er Braun, den Bär. Der zweite Emissär wird Hinze, der Kater. Die dritte Mission übernimmt Grimbart, der Dachs. Aber alle drei trickst der Trickster Reineke Fuchs aus. Bis er schließlich doch vor dem König erscheint, um auch ihn an der Nase herumzuführen. Aber zuvor liegt ihm schon die Schlinge um den Hals, denn die Liste der Kläger ist lange. Doch Reineke überlegt sich eine neue List und bringt es damit sogar bis zum Kanzler. Aber zuvor muss er noch den Wolf Isegrim besiegen. Matthias Reiner erzählt wie’s gelingt. Und am Ende hat der Fuchs den Siegelring des Königs und sein Wort ist fortan Gesetz. Drei kleine Füchse trollen sich schon zu seinen Füßen.

Tierfabel für Erwachsene

Und wie sagte schon Goethe? „Vor Jahrhunderten hätte dies ein Dichter gesungen? Der Stoff ist ja von gestern und heut’!“ Am Ende siegt nicht Weisheit oder Gerechtigkeit, sondern der trickreiste und skrupelloseste Protagonist, der begabteste Lügner. Aber natürlich kann man diese – übrigens nicht ganz jugendfreie Geschichte – auch anders lesen: auch ein Sündenbock soll mal zum Zuge kommen.

Matthias Reiner
Reineke Fuchs
Nacherzählt und mit einem Nachwort versehen von Matthias Reiner. Illustriert von Reinhard Michl
D: 18,00 € /A: 18,50 € /CH: 25,90 sFr
2019, Insel-Bücherei 2037, Gebunden, 89 Seiten
ISBN: 978-3-458-20037-6

Insel Verlag, Suhrkamp

 


Genre: Fabel, Illustrationen
Illustrated by Insel Taschenbuch

Bücherbilder

Bücherbilder von Tomi Ungerer: Der in Straßburg geborene Illustrator ist besonders durch seine Umschlagvignetten für den Diogenes Verlag bekannt geworden. Aus Anlass der 60-jährigen Zusammenarbeit erschien die hier vorliegende Sammlung von Bücherbildern, eine Box mit 60 Postkarten, die man auch als kleine Tomi-Ungerer-Ausstellung  verstehen kann.

Bücherbilder als Postkarten-Box

Schon 1971 begann die Kooperation mit dem Diogenes-Verlag für den Tomi auf der Grundlage von Inhaltsangaben Titelvignetten zeichnet. Bis 1986 zeichnet Tomi Ungerer mehrere hundert Umschlagzeichnungen, von Werken der größten Schriftsteller unserer Zeit: Robert Louis Stevenson, Anton Čechov, William Faulkner, George Orwell, vor allem aber die schwarz-gelbe Krimireihe mit Raymond Chandler, Dashiell Hammett, Patricia Highsmith. Die prächtige Postkarten-Box mit den 60 schönsten Bücherbildern von Tomi Ungerer ist eine Art visuelle Verlagsgeschichte, eine gezeichnete Literaturgeschichte, aber auch eine Tomi-Ungerer-Ausstellung en miniature, der der Diogenes-Verlag auf diese wunderbare Art und Weise huldigt.

Im Juni neues Buch des Illustrators

Tomi Ungerer, geboren 1931 in Straßburg, ist Träger vieler Auszeichnungen, darunter die aktuellsten wie etwa der Bayerische Buchpreis 2017 – Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten‹ für sein Gesamtwerk , 2017; der Golden Illustrator Preis der Professional Association of Illustrators of Catalonia (APIC) für sein Gesamtwerk , 2017, aber auch über die Ernennung zum Commandeur dans l’ordre national de la Légion d’honneur durch den französischen Präsidenten , 2017 kann er sich bereits freuen und das obwohl er als junger Mann die Reifeprüfung verpatzt hatte und daraufhin kurzerhand durch ganz Europa trampte. Seine ersten Zeichnungen veröffentlichte er im Simplicissimus, aber seine eigentliche Karriere begann in New York wo er als Illustrator, Kinderbuchautor, Zeichner und Maler arbeitete, bis er sich mit seiner Familie in den Südwesten Irlands und nach Straßburg zurückzog.

Demnächst erscheint ebenfalls bei Diogenes sein neuestes Werk, das den vielversprechenden Titel „America“ trägt. Der aufwendig ausgestattete Kunstband mit über 300 Gemälden und Zeichnungen wird begleitet von einer Vorzugsausgabe mit signiertem Siebdruck und erscheint am 27 Juni 2018.

Tomi Ungerer

Bücherbilder.

Kunst, Cartoon, Fotografie,

Hardcover Pappschachtel, 14,8 × 10,5 cm, 60 Seiten,

ISBN: 978-3-257-02117-2

€ (D) 15.00 / sFr 22.00* / € (A) 15.00

Diogenes


Genre: Illustrationen, Postkarten
Illustrated by Diogenes