Walt Disneys Mickey Mouse

(Fast) 100 Jahre Mickey Mouse

Walt Disneys Mickey Mouse. Kleine Maus ganz groß. TASCHENs XXL-Ausgabe zu Walt Disneys Mickey Mouse ist die wohl umfangreichste Publikationen über das Disney-Universum einer kleinen Maus aus New York. Über 1.250 Illustrationen, darunter die allerersten Entwürfe, Animationszeichnungen, Storyboards, Hintergründe, Plakate und zahlreiche Fotografien sowie Informationen über alle rund 122 Zeichentrickfilme und die zeitlosen Comicabenteuer in einem Band.

Alles begann mit einer Maus

Zudem werden alle Künstler, die Mickey je Leben eingehaucht haben – ob im Trickfilm oder Comic – vorgestellt. Denn seit der kleine Mäuserich das erste Mal, am denkwürdigen Abend des 18.11.1928, in dem Cartoon Steamboat Willie in New York über die Kinoleinwand flimmerte war sein Siegeszug nicht mehr aufzuhalten. Aber eigentlich stammt die Maus gar nicht aus der großen Stadt, sondern aus Kansas City, Missouri. Denn dort wurde ihr Schöpfer Ub Iwerks 1901 geboren. Übrigens ein Name,
Der sich aus seinen ostfriesischen Wurzeln erklärt, denn sein Vater war in die USA ausgewandert. Ub Iwerks war ein Jahrgänger des berühmten Walt Disney und auch sein erster Angestellter. Ihm wurde 1999 auch der Dokumentarfilm “The Hand Behind the Mouse: The Ub Iwerks” gewidmet, denn er war maßgeblich am Erfolg der Disney-Studios beteiligt, obwohl er sich 1930 von Disney getrennt hatte. Nach dem Misserfolg seines Iwerks-Studios kehrte er aber 1940 zu Disney zurück. “Steamboat Willie” (1928) gilt als der erste vertonte, öffentlich aufgeführte Zeichentrickfilm mit einer Cartoonfigur.

Micky Maus, der Musterknabe

Walt Disney, his brother Roy, and Mickey pose proudly © Disney Enterprises, Inc.

Der Erfolg von Micky Maus und seine Freunden könnte aber auch damit zusammenhängen, dass viele Menschen währende der Großen Depression Trost in den lustigen Abenteuern der kleinen Maus suchten, denn bereits 1935 war Disney ein millionenschweres Unternehmen. Das war aber nicht nur den Filmen, sondern auch den Comic-Strips zu verdanken, die auch in Deutschland schon ab 1930 erschienen. Diese “Parallelaktion”, die mit der Filmabteilung bei Disney nicht abgesprochen war, sei vor allem dem Zeichner Floyd Gottfredson zu verdanken gewesen, wie Brancheninsider verlauten ließen. Das Erfolgsrezept der Figur beruht übrigens auf einer einfachen Wahrheit: Der vormals leichtfertige Mickey wurde immer mehr seiner jugendlichen und wilden Eigenschaften beraubt und diese dann neuen Figuren, meist Gegenspielern überschrieben. So konnte die Zensur umgangen werden und es entstanden Pluto als Prügelknabe, Goofy als Dummerchen, Donald Duck als Choleriker und Faulpelz oder Kater Karlo als Bösewicht. Übrig blieb Micky Mouse als Musterknabe und Identifikationsfigur für die amerikanische und europäische Jugend.

Walt Disneys Mickey Mouse: Inhalt

Die vorliegende TASCHEN XXL-Publikation feiert (fast) 100 Jahre der berühmtesten, pfiffigsten und charmantesten Maus der Welt mit einer Neuausgabe einer der umfangreichsten illustrierten Biografien, die es je zu dieser Comicfigur gegeben hat. Aus dem Inhalt: Mickey im Zeichentrickfilm, Mickey im Comicstrip, Mickey im patriotischen Einsatz während des Zweiten Weltkriegs, sein Auftritt als Zauberlehrling in dem abendfüllenden Spielfilm Fantasia, einer ambitionierten und unvergesslichen Visualisierung klassischer Musik, Mickey im Radio, im TV (The Mickey Mouse Club) u.v.m. Der Disney-Konzern (ursprünglich als Disney Brothers Cartoon Studio gegründet) besteht inzwischen aus Disneylands in der ganzen Welt und macht sowohl Kinder als auch Erwachsene glücklich. Nicht nur in Zeiten der (Großen) Depression. Einen Umsatz von 74,8 Milliarden US-Dollar ist der Konzern schwer, bei einem Gewinn von 10,4 Milliarden US-Dollar. Einer der fünf größten Medienkonzernen der Welt und laut den Forbes Global 2000 auf Platz 36 der weltgrößten Unternehmen (Stand: 2020). „Ich kann nur hoffen, dass wir eine Sache nie aus den Augen verlieren: dass es alles mit einer Maus begann.“, soll Walt Disney einmal rückblickend auf sein Imperium gesagt haben.

David Gerstein, J. B. Kaufman, Daniel Kothenschulte
Walt Disneys Mickey Mouse. Die ultimative Chronik
Hardcover, 25 x 34 cm, 3,16 kg, 496 Seiten
ISBN 978-3-8365-8356-5 (Deutsch)
ISBN 978-3-8365-8355-8 (Englisch)
Taschen Verlag
€ 60 | CHF 60


Genre: Comics
Illustrated by Taschen Köln

Großmutters Haus

Thomas Sautner – Großmutters Haus

Großmutters Haus. Der aus dem Waldviertel stammende Autor ließ zuletzt (2023) mit einem amüsanten Roman über zwei alte Männer aufhorchen, die sich ihren Lebensabend mit der Gesellschaft einer gewissen Julia versüßen. Aber auch zuvor schon hat sich der fleißige Essayist immer wieder interessanten Außenseitern unserer Gesellschaft gewidmet. Darunter etwa ein ein Roman über die Jenischen, die fahrenden Gesellen, in “Fuchserde” (2008), aber auch der Hanf anpflanzenden Großmutter von Malina, seinem alter ego.

Großmutters Haus: Refugium der Triebe

Für “Großmutters Haus” schlüpft der Erzähler Sautner in die Rolle einer Frau, der jungen Malina, die von ihrer tot geglaubten Großmutter, Kristyna, eines Tages ein großes Paket bekommt. Bald findet sie heraus, warum ihre Großmutter in ihrer Verwandtschaft eine “persona non grata” angesehen wird und gerne totgeglaubt wurde, aber im Gegenteil sehr lebendig ist. Sie ist nämlich zu genau jener verrückten alten Frau geworden, die schon Brecht in seiner Kurzgeschichte “Die unwürdige Greisin” 1939 beschrieb: Eine Frau, die sich über alle Konventionen hinwegsetzt und einfach das tut, was sie will. So nimmt sie sich nicht nur mehrere Liebhaber, sondern pflanzt in ihrem Haus im Wald auch noch ein Kraut an, das für manche Spießbürger einige Offenbarungen bereithält. Wenn wir hier von “Trieben” sprechen, sind also durchaus auch pflanzliche und nicht nur menschliche gemeint.

Zeit: eine physikalische Wechselbeziehung

Drei Sorten sind es sogar, die sie eigenhändig kreiert: die “Godfather5000”, die “Sputnik” und die “Able”. Alle drei haben unterschiedliche Auswirkungen und natürlich hängt es auch von dem ab, der sie raucht, was mit ihm oder ihr dann passiert. Malina zum Beispiel verliebt sich in Jakob, den schweigsamen Besucher ihrer Großmutter, der ihr immer wieder unter die Arme greift. Manchmal noch mehr. Aber es gibt ja auch noch andere Männer, die Kristyna besuchen, während Malina über die Literatur, das Bücher lesen und den Sinn des Lebens nachdenkt. An einer Stelle setzt sie sich etwas mit der Zeit auseinander und begreift, dass diese ein Teil von uns ist. “Ich denke, dass die Zeit uns ausmacht” beschließt sie eines abends, es sei wie eine physikalische Wechselbeziehung, denn auch wir würden sie beeinflussen, nicht nur sie uns. “Wenn ein Bild, ein Buch, eine Lebenszeit glückte, waren Inhalt und Form eins“. Form follows function, FFF, der Designleitsatz aus dem Produktdesign und der Architektur wird für Marina zum Lebensmotto. “Die Form folgt immer der Funktion, und dies ist das Gesetz. Wo die Funktion sich nicht ändert, ändert sich die Form nicht.“, wusste Louis Sullivan schon 1896. Aber was bedeutet das Sullivan-Axiom für das Leben im Allgemeinen und für Malina im Speziellen?

Anker in stürmischer See

Die durchwegs amüsante Geschichte von Krystina und ihren unterschiedlichen Liebhabern wird für ihre Enkelin Malina zum formgebenden Erlebnis ihrer Adoleszenz, ihrem “Coming of Age”, wie dieser Lebensabschnitt in dem sie sich befindet gerne genannt wird. Denn es sind vor allem die Freunde und das soziale Milieu der Großmutter, die Marina für ihr Leben prägen werden und einen wichtigen Einfluss auf ihre Genese haben. Malina hat Glück, dass sie eine so coole Großmutter hat, denn das ist eine Ressource, die ihr immer wieder nützlich sein wird. Der Generationenvertrag sollte noch einmal neu überdacht werden, neu geschrieben werden. Vielleicht sind “Zwei alte Männer” (2023) und “Großmutters Haus” (2019) beide ein Plädoyer dafür, alte Menschen wieder mehr in unseren Alltag zu integrieren. Denn sie sind eine unglaubliche Ressource für uns alle. “Der Mond stand am Himmel wie eine Schüssel dampfende Vanillemilch”, schreibt Thomas Sautner. Sie, die “Alten”, sind die eigentliche “Tätowierung”, die sich unser Fleisch eingebrannt haben, die “ein Anker (sind), der sie (uns) während der Fahrt auf das offene Meer an daheim erinnerte, an den sicheren Hafen, den es gab, geben musste, irgendwo“. Gut immer wieder daran erinnert zu werden, dass man wo hingehört.

Thomas Sautner
Großmutters Haus. Roman
2019, Hardcover, 252 Seiten
ISBN 978-3-7117-2076-4
Picus Verlag
€22,00


Genre: Roman
Illustrated by Picus Verlag

100 Jahre Alice Miller

100 Jahre Alice Miller. Die 1923 in Lwiw als Alicja Englard geborene Psychologin wäre Anfang diesen Jahres 100 Jahre alt geworden. Ein guter Anlass auf das schriftstellerische Werk der aus der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung ausgetretenen „Kindheitsforscherin“ zurückzublicken. Zeit ihres Lebens hatte sie sich gegen autoritäre Machtstrukturen und für wahre Kommunikation eingesetzt und war dafür von vielen missverstanden worden. Dabei war sie immer auf Seiten der Schwächsten: den Kindern.

Christiane F. und Adolf H.: zwei deutsche Schicksale

Das Drama des begabten Kindes (1979)

Nicht nur in Psycholog:innenkreisen waren ihre Werke wie “Das Drama des begabten Kindes” (1979), “Am Anfang war Erziehung“(1980) oder “Du sollst nicht merken” (1981) Pflichtlektüre und quasi Kult. Denn Alice Miller war eine der ersten, die den Zusammenhang zwischen schlimmer Kindheit und späterer Grausamkeit (etwa bei Diktatoren) untersuchte. Legende ist etwa ihre Abhandlung über Adolf Hitler in “Am Anfang war Erziehung” in der sie auf den Narzissmus und den Größenwahnsinn des Gröfaz eingeht und ihn anhand seiner Kindheitserfahrungen erklärt. Natürlich nicht um ihn zu entlasten, sondern herauszufinden, was ihn auch mit anderen Diktatoren verband, die die Welt seit jeher heimsuchten. Das war damals – Anfang der Achtziger – noch vollkommenes (psychologisches) Neuland und Miller wurde von ihren Kollegen anfangs nicht ernst genommen. Aber was sie bei ihren Untersuchungen zu Tage förderte, war ein durchwegs logisches Gedankengebäude, das nachvollziehbar erklärte, wie Hitler ein ganzes Volk für seine unaufgearbeiteten Kindheitstraumen in Geiselhaft nahm. Auch einem anderen damals sehr breit diskutierten deutschen Schicksal widmete sie sich in ihrem Erziehungsbestseller: Christian F. Die weit über die Grenzen ihrer Heimatstadt Berlin hinaus bekannte Drogensüchtige (“Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“) litt unter einem ebenso gewalttätigen Vater wie AH, aber ihr Trauma führte nicht zur Destruktivität, sondern zur Autodestruktivität durch die Droge Heroin. Christiane hätte früh lernen müssen, dass Liebe und Anerkennung nur mit der Verleugnung der eigenen Bedürfnisse, Regungen und Gefühle (wie Haß, Ekel, Widerwille) zu erkaufen seien, also um den Preis der Selbstaufgabe, schreibt Miller. Ihr ganzes Bestreben sei deswegen dahingegangen, diese Selbstaufgabe zu erreichen, d.h. “cool zu sein“. Wie die Eltern früher mit Hilfe des Schlagens die Gefühle des Kindes nach ihren Bedürfnissen erfolgreich unter Kontrolle bekommen hätten, so versuchte jetzt das zwölfjährige Mädchen, Christiane, ihre Stimmungen mit Hilfe von Drogen zu manipulieren und ihre jugendliche Lebendigkeit unter Kontrolle zu bekommen. Damit sei die “Tötung des Lebendigen“, das eigentlich, was das Leben eines gesunden Kindes ausmache, erfolgreich abgeschlossen worden, was AM in einer Kapitelüberschrift treffend als “Vernichtungskrieg gegen das eigene Selbst” auf den Punkt bringt. Christiane F. selbst beschreibt es als Triumph “normal” zu sein: nämlich ohne Gefühle. Unser Erziehungssystem sei eben auf Anpassung, Hörigkeit und Unterwürfigkeit ausgerichtet, wie das Leben in Gefängnissen: Hausarrest als Erziehungsmethode oder eben Freiheitsentzug. Die “Ideologie der Unterdrückung und Manipulierung des Lebendigen” habe in unserer Gesellschaft den höchsten Wert. Schreber-Erziehung nannte man das damals.

Die Sprache des Körpers: Krankheit

Die Revolte des Körpers (2005)

Alice Miller machte sich im Laufe ihres späteren Lebenswerkes vor allem daran, den Grund für diese Ideologie herauszufiltern und widmete sich fortan dem Kampf gegen das IV. Gebot. Die “Ehr-Furcht” vor den Eltern, die darin – im IV. Gebot – ausgedrückt werde, sei die Grundlage für die Unterdrückung und Deformation unserer Kinder und damit mitverantwortlich für die Verheerungen unserer Gesellschaft durch Diktatoren wie Hitler oder Krankheiten wie Drogensucht u.ä. Natürlich war dies provokantes Material, das Alice Miller da servierte und das stieß naturgemäß auf sehr viel Widerstand – vor allem von Eltern. Aber ihr Ideengebäude ist durchaus schlüssig. So schrieb sie etwa in “Die Revolte des Körpers” (2005), dass das Vierte Gebot durchaus als Lebensversicherung für alte Menschen gesehen werden könne. Die destruktive Macht des Vierten Gebotes bestehe nämlich gerade darin, Kinder im Namen der bedingungslosen Liebe zu angepassten, unterwürfigen und hörigen Wesen zu machen, die niemals die Autorität der Eltern in Frage stellen dürften. Die Idealisierung von Vater und Mutter würden zur Unterdrückung des wahren Selbst führen und dies wiederum zu Krankheiten. Da authentische Gefühle nicht ausgelebt werden dürften (siehe oben Christiane F.), sondern Schein, Zwang, Fassade, Maske und Selbstbetrug verlangt würden. Aber der Körper merke sich all das und speichere das. Sein Verlangen nach Wahrheit kann niemals betrogen werden, Miller nennt es das “Körperbewusstein“, die Sprache des Körpers ist die Artikulation einer Krankheit. So kann Krankheit aber auch als Chance begriffen werden. Anhand einiger weiterer Celebrities wie etwa Dostojevski, Tschechow, Kafka, Proust oder Nietzsche exerziert Miller ihre Vorstellungen durch und beweist mit diesen “Fallbeispielen” die Richtigkeit ihrer Thesen. Über Arthur Rimbaud schreibt sie etwa: “So verbringt er sein Leben mit der ständigen Suche nach seiner eigenen Wahrheit, die ihm verborgen bliebt, weil er sehr früh gelernt hat, sich selbst für das zu hassen, was seine Mutter ihm angetan hat.” Seine Suche nach der Liebe endete im Gefängnis der Kindheit. Das “Karussell der Gefühle” bestehe für viele darin, ihr Leben lang so zu sein wie ihre Eltern es von ihnen verlangten, um jene “Illusion der Liebe” nicht zu verlieren, die die Kindheit prägte. Mit weiteren weniger prominenten Fallbeispielen untermauert Miller dann ihre Theorie, dass auch die Vergebung nicht zur Heilung führen könne. Rimbauds Flucht- und Befreiungsversuche seien gescheitert, weil er keinem Menschen begegnet sei, der ihm die destruktive Wirkung seiner Mutter vollständig zu erkennen gab. Auch er habe “das Loch, das die Mutter hinterließ” mit Drogen zu füllen versucht, nur um später immer wieder zu ihr zurückzukehren. “Weshalb aber fahren wir fort, uns für Phantome zu opfern? Warum bleiben wir an Beziehungen kleben, die uns an alte Qualen erinnern?” Fragen, die sich nicht nur Alice Miller stellte und wohl jeder für sich beantworten wird lernen müssen.

Wider das Vergessen – wider das Verzeihen?

Abbruch der Schweigemauer (2003)

In “Abbruch der Schweigemauer” (2003) spricht sie sich selbst und anderen Mut zu, auch ihre Eltern in Frage stellen zu dürfen. Denn jeder von uns sei “Opfer von verborgenen oder manifesten Misshandlungen, die häufig harmlos Èrziehung´ genannt werden“. Miller tritt auch ihren Kampf gegen eine Psychoanalyse an, die ihre Klient:innen bevormundet und mit Medikamenten das Gedächtnis zerstört. Denn man müsse erinnern, was man verdrängt habe, um sich zu befreien, auch von Krankheiten. Man müsse die Türen zur Vergangenheit öffnen, statt sie verriegelt zu halten, schreibt sie und nicht, wie viele Psychoanalytiker:innen, vor der “eigenen schmerzhaften Kindheitsgeschichte auf Kosten des Patienten” ausweichen. Gerade der Faschismus habe gezeigt, dass der unbewusste Zwang, verdrängte Verletzungen zu rächen, stärker sei als jede Vernunft. Es liege deswegen im Interesse der gesamten Gesellschaft, die “verborgene Geschichte der Zerstörung” nicht zu verdrängen, sondern zu verarbeiten, denn an die Oberfläche käme sie ohnehin eines Tages, nur dann eben pervertiert. Hitler habe die Allüren einer bedrohlichen Vaterfigur trefflich geschauspielert und seinen eigenen Judenhass einer ganzen Gesellschaft als Ventil für die eigenen Frustrationen der Kindheit und Erziehung, zur Verfügung gestellt. Deswegen seien ihm die Massen nachgelaufen, weil jeder einzelne sich so von den Schlägen seiner Eltern an den Juden rächen konnte. An Nicolae Ceausescu macht Miller in “Abbruch der Schweigemauer” nochmals alles das deutlich, was Schläge in der Kindheit anrichten können und welche verheerenden Konsequenzen daraus erwachsen: Das rumänische Grauen war entsetzlich, besonders gerade für Kinder. “Wege des Lebens” (2007) zeigt anhand einiger Fallbeispiele von Lebensschicksalen normaler Menschen in Briefen und Selbstzeugnissen, wie die Wege des Wiederholungszwangs verlassen werden können und was getan werden kann, um die innere Freiheit wiederzuerlangen. “Was meine Seele nicht wissen wollte, hat sich mein Körper gut gemerkt“, scheint der rote Faden zu sein, den Alice Millers “Geschichten” in diesem Band verbindet. In ihrer Zusammenfassung am Ende ihrer Ausführungen bringt sie nochmals ihre wichtigsten Thesen auf den Punkt. So erzählt sie etwa von der Feeling-Sekte und erklärt wie Führungsstrukturen mit Gurus funktionieren und wie man Menschen dank der Regression beherrschen kann. Genau wie ein Führer bietet sich auch der Guru als väterliche Rettungsfigur an, der die Frustrationen der Kindheit wieder gut machen könne. Miller erklärt es auch mit Hilfe des sog. Wiederholungszwangs: Unbewusste Erinnerungen würden Menschen dazu treiben, “die verdrängten Szenen immer wieder aufs neue zu reproduzieren, um sich so von Ängsten zu befreien, welche die frühen Misshandlung zurückgelassen haben“. Der Betreffende schaffe mit Vorliebe immer wieder solche Situationen, in denen er den aktiven Teil übernehme, “um der Ohnmacht des Kindes Herr zu werden und den unbewussten Ängsten zu entfliehen“.

Nur die Wahrheit kann uns retten

Past behavior predicts future behavior, wie es in der Kriminalpsychologie heißt. Wer in seiner Kindheit aber das Glück habe, von wissenden oder helfenden Zeugen begleitet zu werden, würde später seine Frustrationen tendenziell weniger an anderen auslassen, als Menschen die keine solchen Zeugen gehabt haben. So sei es Christiane F. immerhin gelungen, niemand anderen in ihr Elend zu ziehen, während Adolf Hitler gleich mehrere Millionen in seinen eigenen persönlichen Abgrund zog. Bestenfalls hätte aber Kommunikation und ehrliche Zuwendung beide Schicksale – jenes der Autodestruktivität und jenes der Destruktivität – verhindern können: “Indem wir auf die Suche nach der Wahrheit verzichten, retten wir die Liebe nicht, auch nicht die Liebe zu unseren Eltern. Der Akt der Verzeihung hilft uns nicht, solange er das Geschehene verschleiert. Denn Liebe und Selbstbetrug schließen einander aus. Aus der Unwahrheit, der Leugnung des Leidens in der eigenen Vergangenheit, ist der auf Unschuldige verschobene Haß geboren. Er ist eine Bindung an den Selbstbetrug und eine Sackgasse. Echte Liebe erträgt die Wahrheit.”

Alle Zitate stammen aus den bei Suhrkamp erschienenen Werken von Alice Miller.

The Shining

The Shining. Der Roman von Stephen King, der 1977 erstmals in den USA erschien, habe in Bret Easton Ellis den Wunsch geweckt, Schriftsteller zu werden, wie er in seinem neuen Roman, “The Shards“, der 1981 spielt, freimütig bekennt. Seine Beschreibung seines ersten Shining-Kinobesuchs liest sich so spannend, wie das Meisterwerk von Stanley Kubrick schon im Auftakt ist. “Nie zuvor hatte ein Film mit so wenig Blutvergießen einen derartigen Gruselfaktor“, wissen die Herausgeber.

Shining: Gruselhorror vom Feinsten

Denn das Grauen, der Horror, spielt sich hauptsächlich im Hauptdarsteller selbst, dem Hausverwalter und ehemaligen Lehrer Jack Torrance (Jack Nicholson) ab. Auch er möchte nämlich gerne Schriftsteller werden, aber den einzigen Satz, den er auf seiner deutschen Adler-Schreibmaschine zustande bringt lautet: “All work and no play makes Jack a dull boy“. In der deutschen Version wiederum „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“, was man ohne weiteres als nicht ganz so treffend bezeichnen könnte. Kubrick habe den Satz eigenhändig mehrmals auf mehrere Seiten Papier geschrieben, erzählen damals einige Insider. Der Film kommt zwar ohne Blutvergießen aus, aber natürlich nicht ohne Blut, wie eine der eindringlichsten Szenen erinnert: der Blutaufzug.

Neue Details über den Film des Jahrzehnts

Die vorliegende exklusive XXL Publikation des TASCHEN Verlages eröffnet ungeahnt tiefgründige Einblicke in den Entstehungsprozess eines filmischen Meisterwerks, das Kubrick selbst allerdings gehasst haben soll. Das und noch viel mehr erfährt man aus Hunderten von Stunden an exklusiven Interviews mit den Darstellern und der Crew, aus denen für diesen Band die spannendsten Passagen ausgewählt wurden. Manche werden den Kultklassiker von 1980 nun in einem völlig neuem Licht sehen, etwa wenn man die Details über die mysteriösen Feuer, die während der Dreharbeiten in den Elstree Studios ausbrachen, erfährt oder mehr über die Technik des berüchtigten „Blutaufzugs“ erfährt. Kubricks bahnbrechender Einsatz der Steadicam machte ebenso Schule wie die endlosen Drehbuchänderungen und die unzähligen Takes, die der Perfektionist Kubrick seiner Crew abverlangte. Auch heutige Schauspieler:innen könnten ein Lied davon singen.

Die Macher und Fans

Der Oscar-prämierte Regisseur Lee Unkrich, den The Hollywood Reporter als den „führenden Shining-Kenner“ bezeichnet hat. Die vorliegende limitierte Collector’s Edition von 1.000 nummerierten Exemplaren mit einem begleitenden Textbeitrag von Bestsellerautor J. W. Rinzler herausgegeben. Die dreibändige Sammlung umfasst Hunderte von unveröffentlichten Set- und Backstage-Fotografien, seltene Originaldokumente, Kubricks private Korrespondenz sowie Szenenbildentwürfe aus dem Stanley Kubrick Archive und den Privatarchiven der Darsteller und der Crew sowie exklusives Set mit Faksimiles von Ephemera aus dem Film. “Sie müssen dieses Buch lesen und dann The Shining noch einmal anschauen. Es ist egal, ob Sie den Film schon 50 Mal gesehen haben, Sie werden ihn nie wieder auf dieselbe Weise sehen. Das Buch verändert alles.“, so Regie-Kollege Steven Spielberg über die vorliegende Publikation.

Lee Unkrich, J. W. Rinzler
Stanley Kubrick’s The Shining
Box mit 2 Bänden und einem Ephemera-Set mit
Faksimile-Reproduktionen und originalen
Artwork-Büchern, 36,5 x 42,4 cm, 19,9 kg, 2198
Seiten, XXL Formatt

ISBN 978-3-8365-7717-5
TASCHEN Verlag
€ 1.500 | CHF 1.500


Genre: Film, Horror, Literaturverfilmung
Illustrated by Taschen Köln

130 Jahre Maria Lazar

130 Jahre Maria Lazar. 2025 wird der 130. Geburtstag von Maria Lazar (1895-1948) gefeiert. Die österreichische Journalistin, Schriftstellerin und Übersetzerin zahlreicher Romane erlebt dieser Tage aber schon eine Renaissance. Der Wiener Verlag “Das vergessene Buch” veröffentlicht erstmals den bislang nur in einer gekürzten englischen Exilausgabe erschienenen Roman “Leben verboten!” und das Wiener Akademietheater hat eine Bühnenfassung ihres Romans “Die Eingeborenen von Maria Blut in seinem Programm.

130 Jahre Maria Lazar: Vom Familienroman zum Politikum

Die Ausgabe “Leben verboten!” Stellt sogar die zum ersten Mal veröffentlichte deutsche Erstausgabe des Romans in der Originalfassung von 1932 dar. Das mag verwundern, verkehrte Maria Lazar doch durchwegs mit der Prominenz ihrer Tage, darunter Elias Canetti, Hermann Broch, Ernst Fischer u.a. Sie war außerdem mit Friedrich Strindberg verheiratet und wurde von Oskar Kokoschka in dem Gemälde “Dame mit Papagei” (1916) verewigt. Sie kannte Helene Weigel und legte sich auch mit deren Mann, Bert Brecht (siehe Peter Weiss’ “Ästhetik des Widerstands”), an. Ihre Schwester Auguste war eine bedeutende Kinder- und Jugendbuchautorin. Mit 1920 verfasste Maria Lazar ihren ersten 150-seitigen Roman, der 2020 ebenfalls beim Wiener Verlag “Das vergessene Buch” mit einem Nachwort des Wiener Universitätsprofessors Johann Sonnleitner erschienen ist. Dieser bezeichnet “Die Vergiftung” als Zeugnis einer untragbaren Familiensituation aus der Sicht des zwanzigjährigen Mädchens Ruth, das nicht unbedingt autobiographisch gelesen werden müsse. Die Autorin – zur Zeit des Schreibens ihres Romanerstlings selbst erst fünfundzwanzig – habe sich mit ihrer Mutter nämlich durchaus gut verstanden, ganz anders als die Protagonistin Ruth. Diese hat einen älteren Bruder Richard und eine Schwester Martha, die das Leben in dieser Familie, das als Kerker erfahren wird, unterschiedlich meistern.

Gutbürgerliche Familie und Doppelmoral

Aber auch die Mutter selbst ist trotz der gutbürgerlichen Fassade nicht ganz ohne Makel, pflegt sie doch ein Verhältnis mit einem Liebhaber. Das Familienleben ist geprägt von Statusdenken, Standesdünkel und -allüren sowie einer alles beherrschenden Doppelmoral. Zudem unterdrückt auch Martha, die als Lehrerin arbeitet, ihre artistische Ader zugunsten einer finanziellen Verbindung mit einem ungeliebten Mann – ein Schicksal das auch ihre Mutter hatte und nun ebenso Ruth droht. “Alle Mitglieder der Familie leiden an einem selbstverschuldeten Unglück, indem sie allesamt ihr eigentliches Leben verfehlen, das dem gesellschaftlichen Prestige und Status opfern”, schreibt Sonnleitner in seinem lesenswerten Nachwort, das auch die Biographie und anderen Werke Lazars zum Inhalt hat.

Vom Kosmopolitismus zum Nationalismus

Anders als das sehr expressionistisch geprägte Debüt Lazars wird in “Leben verboten!” ein vollständiger abenteuerlicher Plot angeboten, wie man ihn schon aus “Die Eingeborenen von Maria Blut” (1932) kennt. Der Berliner Bankier Ufermann, der ungeliebte zweite Sohn, ist auch in seiner Firma nur der zweite und wird von seinem Kompagnon ausgebootet. Als Ufermann sein Flugzeug versäumt und dieses sodann abstürzt halten ihn alle für tot und seine Frau kassiert einen Millionenbetrag seiner Lebensversicherung. Anfangs ist sich Ufermann unschlüssig, ob er das Missverständnis überhaupt aufdecken soll und übernimmt einen halbseidenen, wohl illegalen Auftrag zur Übermittlung eines Umschlags von Berlin nach Wien. In Wien angekommen verliebt sich die Tochter seiner Zimmerherrin in ihn und er baut sich Stück für Stück eine zweite Identität auf. Das für die Zwischenkriegszeit so typische transitorische Identitätskonstrukt, das schon von anderen Autoren so trefflich beschrieben wurde, kann auch als Parabel auf die politischen Krisen der frühen 30er Jahre in Österreich verstanden werden.

Seismographische Analyse der Zwischenkriegsgesellschaft in Österreich

Der Vielvölkerstaat, der nach dem Ersten Weltkrieg in mehrere Nationen zerfiel, hinterließ bestenfalls Identitätshybride, denn so einfach ließ sich die Seele eines Mitteleuropäers nicht auf seine nationale Identität reduzieren. An dieser Stelle sei auch auf das berühmte Robert Musil Zitat über die neun (!) Identitäten eines “Österreichers” verwiesen. In einem geschickt arrangierten Verwirrspiel thematisiert Maria Lazar in “Leben verboten!” den zunehmenden Hass auf Andersartige oder Fremde und die nationale Verhetzung der Zwischenkriegszeit, die ihr Ventil in einem schamlos ausgelebten Antisemitismus fand, sich aber durchwegs gegen alle richtete, die nicht stramm alpenländisch oder patriotisch waren. Aus dem Hochmut gegenüber Bettlern und Arbeitslosen wird schnell ein Hass auf Ausgesteuerte und Kriegsinvalide oder andere Verlierer des großen “Vaterländischen Krieges”. Österreichertum wird nunmehr klerikal, katholisch und kulturell und nicht mehr kosmopolitisch (also: über das Nationale hinausgehend) definiert.

Empfehlung einer Vergessenen

Maria Lazars Romane registrierten seismographisch genau jene Veränderungen in der österreichischen Gesellschaft der Zwischenkriegszeit, die das Land alsbald zu einem willfährigen und willkommen “ersten Opfer” Hitlerdeutschlands machten. Aber als die deutsche Wehrmacht das Land überfiel, befand sich bereits die gesamte gesellschaftliche und kulturelle Opposition im Anhaltelager. Eine Wiederentdeckung der Autorin und ihrer Werke wird dringend empfohlen.

Verlag das vergessene buch

Akademietheater Die Eingeborenen von Maria Blut

 

Die Eingeborenen von Maria Blut

Die Eingeborenen von Maria Blut – Maria Lazar

“Die Eingeborenen wollen ihren Messias haben”, meint Meyer-Löw, prophetisch in Maria Lazars 1935 fertiggestellten Roman, der erst 1958 veröffentlicht wurde. Maria Lazar ist heute noch eine gänzlich Unbekannte in der österreichischen oder deutschsprachigen Literaturgeschichte und das obwohl sie nicht nur Oskar Kokoschka (“Dame mit Papagei“) porträtiert hatte, sondern sie sogar in Peter Weiss’ “Ästhetik des Widerstands” einem gewissen Bertolt Brecht die Stirn bietet. Ganz zu schweigen von ihrem eigenen Werk, das neben zwei Werken zum Herandäuen des Klerikalfaschismus und Nazismus in Österreich aus den Dreißigern, sich sogar bis Anfang der Zwanziger zurückverfolgen lässt und neben Prosa und Lyrik auch Theaterstücke umfasste.

Österreich zwischen Faschismus und Nazismus

In “Die Eingeborenen von Maria Blut” nimmt Maria Lazar, die Entwicklung, die ihr Heimatland Österreich in den Dreißigern nehmen wird, schon vorweg. Der Titel ist gut gewählt, verknüpft er doch die vermeintliche Landidylle eines provinziell geprägten Landes mit dem Katholizismus. Dass sich Marienkult und Geschäft schon immer gut verbinden ließen und für so manchen Wallfahrtsort, wo diverse Wunder geschehen, die Kasse (oder den Opferstock) klingelt, dürfte seit der österreichischen Satire “Braunschlag” kein Geheimnis mehr sein. Maria Blut wird im Roman sogar dreimal als “österreichisches Lourdes” bezeichnet, wo nicht nur Wunder geschehen, sondern damit auch einiges verdient wird. Auch ein Wunderheiler beteiligt sich am Schröpfen der Ahnungslosen von Maria Blut und trägt so zur Wundergläubigkeit der Bevölkerung bei. Aber natürlich gibt es auch in Maria Blut Ungläubige und Verräter, so zum Beispiel der Sozialdemokrat Lohmann, der Arzt des Dorfes, oder der bereits eingangs erwähnter Meyer-Löw, der Jurist des Dorfes.

Die Eingeborenen von Maria Blut

Beiden wird von den Eingeborenen allerhand angedichtet und nachgesagt, aber nichts davon ist wahr. Aber Gerüchte und Tratsch halten die Dorfgemeinschaft der Eingeborenen eben zusammen und schaffen Identität nach außen. Auch die Wipplingers oder die Marischka, Haushälterin und Köchin, gehören zum sympathischen Teil der Dorfbevölkerung, während der Rest entweder klerikal oder nazistisch geprägt ist. Die Prädispositionen der katholischen Provinz für den Faschismus werden in Maria Lazars Roman schonungslos und authentisch dargestellt und gipfeln in dem allgemein verbreiteten Hass auf das Rote Wien, das all das verkörperte, was wohl die Bibel als “Sodom und Gomorrha” bezeichnete. Maria Lazar antizipierte in ihrem Roman nichts weniger als den herannahenden Untergang der zivilisierten Welt oder wie es Meyer-Löw ausdrückt: “Es kommen grausame Jahre”.

Nationalsozialismus Made in Austria

Für all jene, die heute immer noch behaupten, man hätte nichts gewusst oder nichts wissen können, sei “Die Eingeborenen von Maria Blut” ins Stammbuch geschrieben, denn es legt bitteres Zeugnis darüber ab, dass der Nazismus kein preußisch-junkerisches Phänomen war oder gar auf Bismarck oder Friedrich den Großen zurückgeführt werden könne, sondern original “Made in Austria”. Der Antisemitismus und Slawenhass entstand nämlich in Böhmen und wurde von einem “böhmischen Gefreiten” zur Ideologie eines rassistischen Herrschaftssystems, das selbst die größten Despotien der Gegenwart und Vergangenheit im Ausmaß seiner Grausamkeit noch heute in den Schatten stellt stilisiert. Abschließend kann ich nur beipflichten, was Birgt Nielsen mit folgenden Worten ausdrückt: “Die zwei Romane über Österreich (Leben verboten! und Maria Blut, JW) verdienen es, dass sie heute im Zusammenhang mit den Reflexionen über die Vergangenheit in Österreich neu aufgelegt werden.”

Neuauflage des Gesamtwerks

Dies hat der Wiener DVB (“das vergessene buch”) Verlag dankenswerterweise in besonders schönen gebundenen Ausgaben 2020 gewagt und somit ist es auch ihm zu verdanken, dass 2022/23 vorliegender Roman von Maria Lazar am Wiener Akademietheater in einer Adaptation als Bühnenfassung von Lucia Bihler und Alexander Kerlin als Theaterstück gespielt wird. Diese Inszenierung wurde auch zum Berliner Theatertreffen 2023 eingeladen. Maria Lazars Gesamtwerk umfasst acht Romane, drei Dramen, eine Zitatensammlung, Gedichte, einige Essays und viele Artikel aus der Zeit als Publizistin und Journalistin für Der Tag, Das Wort u.a. Näheres zur Biographie erfährt man in dem lesenswerten Nachwort von Prof. Johann Sonnleitner zu Leben und Werk der wiederentdeckten Autorin.

Maria Lazar
Die Eingeborenen von Maria Blut
2., durchgesehene Auflage.
Mit einem umfangreichen Nachwort von Johann Sonnleitner
2020, hochwertiges Hardcover mit SU, Prägung und Lesebändchen, 313 Seiten
ISBN 978-3-903244-06-1
DVB (“das vergessene buch”) Verlag
24 Euro


Genre: Faschismus, Nationalsozialismus, Österreich, Roman
Illustrated by DVB Verlag

Marvel Comics Library. Fantastic Four.

Fantastic Four in XXL

Fantastic Four. Reed Richards, sein bester Freund Ben Grimm, seine Freundin Sue Storm sowie ihr kleiner Bruder Johnny Storm: eine echte “family affair“. Die Rede ist natürlich von den Fantastischen Vier oder auch Fantastic Four, “F4”. Seit 1961 begeistert die wohl “fun”-tastischste Familie des Marvel Universe Leserinnen und Leser rund um den Globus und in fernen
Galaxien und läutete damals sogar das “Silver Age” des Comics ein.

Achtung: Kosmische Strahlung!

Vorliegender Band im XXL-Format enthält Reproduktionen von makellosen Originalausgaben der ersten 20 Hefte, die in enger Zusammenarbeit mit Marvel und der Certified Guaranty Company (CGC) geöffnet und neu abfotografiert wurden. Darüberhinaus umfasst dieser Band einen ausführlichen Essay des bekannten Marvel-Autors Mark Waid, ein Vorwort des ehemaligen NASA-Astronauten Mike Massimino sowie Originalgrafiken, Fotografien und andere Raritäten. Darunter auch eine der ersten Geschichten der F4, in der die Richards und Grimm von den legendären kosmischen Strahlen getroffen werden, die sie nach einer Bruchlandung mit ihrer Rakete zu den Helden macht, als die man sie heute kennt.

Der “grimmige Mr. Grimm”

Stan Lee & Jack Kirby schufen damals ein Team aus Superhelden, das die Romantik-, Horror- und Kriegscomics wieder in den Hintergrund drängte und die “family values” wieder zurück an ihren angestammten Platz rückte. Im amerikanischen Original tragen die F4 übrigens die Namen Mr. Fantastic, Invisible Girl, The Thing und The Human Torch. Ob es sich bei ihrem “Unfall” um einen Fluch oder einen Segen handelt, stellen sie immer wieder erneut in Frage. Besonders “Das Ding”, Ben Grimm, hat es ja hart getroffen, kann er seine Verwandlung doch am wenigsten kaschieren oder gar rückverwandeln. Der “grimmige Mr. Grimm” ist deswegen besonders im deutschsprachigen Raum zur Kultlegende geworden.

Superhelden als family affair

Lee wollte damit „endlich einmal die Art von Story erzählen, die ich selbst gerne lesen würde“, so ein Originalzitat. Die Fantastic Four haben die Karrieren und Leben ihrer beiden Schöpfer sowie die gesamte Comic-Branche wohl für immer verändert, denn sie legten den Grundstein für das Superheld:innnen-Multiversum, das wir heute kennen. „Nach 20 Jahren in der Branche war Stan Lee 1960 bereit, das Schreiben von Comics aufzugeben. Doch seine Frau ermunterte ihn, es mit einem Comic zu versuchen, der ihm gefallen würde. Das Ergebnis war Fantastic Four.“, schrieb CNN über das Ersterscheinen der Fantastischen Vier.

Viele Extras und Zugaben

Der vorliegende Band der Serie bringt nicht nur die ersten 20 Abenteuer der Fantastic Four und präsentiert auf den ersten 11 Seiten Fantastic Four Comic-Motive in einem knalligen Rot-Weiß Druck, drei weitere Rot-Weiß-Drucke folgen dann noch am Ende des Bandes. Der Mitherausgeber und ehemalige US-Astronaut Mike Massimino hat das Vorwort verfasst und beschreibt darin u.a. seine Faszination vom Weltraum und welche Rolle die Fantastic Four dabei gespielt haben. Der Essay „The World’s Greatest Comic Magazine!“ stammt von Comic-Autor Marc Waid (Superman, Batman, Archie und die Fantastic Four). Originale Werbeseiten und Leserbriefe der Fantastic Four Fan Page ergänzen diese unglaubliche Publikation, die mindestens so “fun-tastisch” ist wie ihr Inhalt. Comicfans aller Galaxien vereinigen sich zu einem großen Dankeschön an den TASCHEN-Verlag, der der 9. Kunst (den “Comics”) einen so ehrenvollen Platz in solchen XXL Prachtausgaben einräumt.

Die Marvel Comics Bibliothek, Teil 3

Bald in TASCHEN shops in Berlin und Köln: 25-75% von 1.-4.2.2023

MARVEL COMICS LIBRARY ist eine exklusive, langfristige Zusammenarbeit zwischen TASCHEN Verlag und Marvel. Bisher erschienen schon seltene Comic-Klassiker-Ausgaben von Spider-Man, Avengers und Captain America in ihrer ursprünglichen Schönheit in einem extra-großem Format akribisch reproduziert. Die Marvel Comics Bibliothek bietet Sammlern rund um den Globus und in weiteren Galaxien des unendlichen Marvel Multiversums die einmalige Gelegenheit, die begehrtesten Comics der Welt in wahren Prachtausgaben zu erstehen. Zudem enthält jeder Band einen Essay eines Comic-Historikers sowie Hunderte von Fotos und Fundstücken, darunter seltene Original-Comiczeichnungen. In der Reihe sind bisher erschienenen: Spiderman. Vol. 1. 1962–1964, Avengers. Vol. 1. 1963–1965, Fantastic Four. Vol. 1. 1961–1963. Geplant ist ein eigener Band zu Captain America. Für alle Comics und Buchfans in Berlin hier ein Hinweis:

Mark Waid, Mike Massimino, Stan Lee, Jack Kirby
Marvel Comics Library. Fantastic Four.
Vol. 1. 1961–1963
Hardcover, 28 x 39,5 cm, 4,77 kg, 700 Seiten
€ 150 | CHF 150
ISBN 978-3-8365-8231-5 (Englisch)

Helden. Klassische Sagen der Antike

Stephen Fry Helden

Oh Ikarus, Ikarus, mein geliebter Junge. Warum hast du nicht auf mich gehört? Warum musstest du so nah an der Sonne fliegen?“, klagt der Erfinder Daidolos seinen Sohn und sein Schicksal. Viele Väter dürften dieses Lamento schon gehegt haben, denn zumeist ist der Jugend kein Rat der Alten teuer. Dabei könnte man so viel von ihnen lernen!

Götter: personifizierte  Gefühle, Ideen, Impulse

Stephen Fry, der britische Schriftsteller, Schauspieler, Moderator, Kolumnist und Regisseur, legt mit “Helden” die Fortsetzung seiner klassischen Sagen der Antike vor, sie gehört ebenso wie “Mythos” und “Troja” zur Trilogie des fleißigen Mythologen. Wie im Vorgängerwerk habe er darauf geachtet, “die Geschichten ohne Erklärungen oder Deutungen zu erzählen”, wie er im Nachwort schreibt. Denn gerade die Produkte des “kollektiven Unbewussten” bedürften keiner solcher. Schließlich habe der Euhemerismus, die rationalistische Deutung von Mythen, längst bewiesen, dass etwa Troja oder Mykene wirklich existierten. Aber auch die Götter selbst existieren, denn es ist letztendlich egal ob wir die beschriebenen Regungen als “Gott, Impuls oder fixe Idee” bezeichnen, die Griechen seien einfach schlauer gewesen: “Sie zu personifizieren ist ziemlich schlau – vielleicht nicht ausreichend um mit ihnen klarzukommen, aber doch gut genug, um den unkontrollierbaren und unergründlichen Kräften, die uns im Griff haben, Form, Dimension und Charakter zu geben.

Helden ohne Furcht und Tadel

Wenn also Ikaros vom Himmel fällt, weil er mit seinen mit Wachs geklebten Flügeln zu nahe nahe an die Sonne geraten ist, beschreibt dies treffend ein Bild und vermittelt der unter ihm ihn beobachtenden Schiffsmannschaft von Theseus zugleich Trost und Verheißung. Daidolos war es nämlich, der Theseus half, den Minotaurus zu besiegen worauf er von König Minos eingesperrt wurde. Aber dank seines Erfindungsreichtums konnten er und sein Sohn fliehen. Ariadne hingegen bleibt alleine auf Naxos zurück, ein Schicksal da an anderer Stelle weitererzählt werden sollte. Aber was soll man sagen? “Theseus interessierte sich nicht für die Vergangenheit, nur für die Zukunft. Das ist eines der Merkmale von Helden, das sie anziehend und abstoßend zugleich macht.

Die vorliegende Ausgabe ist mit Gemälden aus der Kunstgeschichte illustriert und hat im Anhang zudem ein Register mit Helden und solchen, die es gerne geworden wären. Weitere Geschichten in diesem Band drehen sich um Jason und die Argonauten, den smarten Ödipus und die Sphinx, Perseus und die Perser, Herakles und seine 10-12 Aufgaben, Bellerophon, der mit Hilfe des fliegenden Pferdes Pegasos die Chimäre tötete, Orpheus, der nicht nur singen konnte und Atalante, die sich nur von dem entjungfern ließe, der sie im Wettkampf besiegte.

Stephen Fry
Helden. Die klassischen Sagen der Antike neu erzählt
Übersetzer: Matthias Frings
Gehört zu Die Mythos-Trilogie Bandnummer 2
2020, Paperback, 461 Seiten
ISBN 978-3-351-03481-8
Aufbau Verlag
26,00 €

 


Genre: Geschichte, Heldensagen, Legenden, Mythen, Sagen
Illustrated by Aufbau Berlin

Unordnung im Himmel

“Der Große Vorsitzende” Slavoj Žižek

Unordnung im Himmel. Die Unordnung, die Slavoj Žižek in seinem neuen Buch meint, geht auf ein Zitat des Großen Vorsitzenden Mao Tse-tung zurück. Denn Krise (Unordnung) bedeutet bekannterweise nicht nur Chaos, sondern auch Chance. Der vorliegende Band enthält kurze Aufsätze zu den Themen, die uns seit Ausbruch der Krise (Pandemie) in Atem halten. So analysiert Žižek – kurzatmig und kurzweilig wie immer – etwa die Tatsache, dass die USA ihre moralische Führung verloren haben, warum Assange immer noch nicht frei ist und weswegen wir heutzutage mehr radikale Veränderungen statt Mitgefühl brauchen. Trägt er deswegen eine Mao-Uniform auf der Illustration am Cover?

Unordnung im Himmel

Freundlichkeit und Mitgefühl können sich in der Regel nur diejenigen leisten, die oben stehen“, meint Žižek etwa, wenn es um Migration geht und verlangt ausgerechnet mit einem Oscar Wilde (!) Zitat, unseren altruistischen Tugenden, die genau die Erreichung ihrer eigenen Ziele verhindern würden, enndlich abzuschwören. Genau das ist es wohl auch, was er ein paar Zeilen weiter als “liberalen Opportunismus in seiner schlimmsten Form” bezeichnet: “Aus Angst, die Mitte zu verschrecken, sagt man sich von den linken ‘Extremisten’ los.” Aber gerade in Zeiten des Trumpismus hätte man schon mit der Verteidigung der liberalen Demokratie alle Hände voll zu tun und es scheint wirklich zu viel verlangt zu sein, darüber hinaus noch eine Perspektive zu entwerfen. Schließlich wird das Feld der politischen Spannung, der hegemoniale Diskurs, längst von den Rechten bestimmt, und das nicht erst seit der Pandemie.

Lageberichte aus dem irdischen Chaos

Der letzte, 35. Aufsatz, in vorliegendem Band trägt denn auch den provokanten Titel “Warum ich immer noch Kommunist bin” und wird wohl viele Leser:innen allein deswegen schon abschrecken. “Tout ce qui bouge n’est pas rouge“, zitiert Žižek Alain Badiou und tatsächlich dominiert die politische Rechte der Gegenwart den hegemonialen Diskurs indem sie sich einer langen Tradition überwiegend linker Volksproteste bedient, gibt Žižek zu bedenken. Warum also klammert sich Žižek immer noch an den “verfluchten Namen des Kommunismus“, wie er schreibt, wenn er doch wisse, dass das kommunistische Projekt des 20. Jahrhunderts längst fehlgeschlagen ist und dabei nur “neue Formen mörderischen Terrors” hervorgebracht habe? Da wir uns dem Ende in Form einer apokalyptischen Katastrophe nähern, sei es umso klarer sich zur Freiheit als erkannte Notwendigkeit zu bekennen: “Das Ende der Zeit wird als die Unmöglichkeit des Endes erlebt“. Für Žižek bleibt die letzte Wahl immer noch der Kommunismus.

Slavoj Žižek
Unordnung im Himmel.
Lageberichte aus dem irdischen Chaos.
Aus dem Engl. von Axel Walter
2022, Broschur, 288 S. 13,5 x 21,5 cm
ISBN 978-3-8062-4487-8
wbg Theiss, Darmstadt


Genre: Philosophie, Politik
Illustrated by wbg theiss

Helmut Newton. A Gun for Hire

Helmut Newton. A Gun for Hire

Helmut Newton. A Gun for Hire. “Auftragskiller” („A Gun for Hire“) nannte sich Helmut Newton selbstironisch und meinte damit seine Auftragsarbeiten, Werke der kommerziellen Fotografie. Er selbst unterschied weder kompositorisch noch stilistisch zwischen seiner Arbeit für Zeitschriften und den Aufträgen von Werbekunden. In einer überarbeiteten Neuausgabe des legendären Buches von June Newton erscheint die von der Helmut Newton Stiftung Herausgegebene TASCHEN Ausgabe im Format 23 x 30,5 cm mit 1,85 kg und 240 Seiten.

Helmut Newton. A Gun for Hire

Die fotografische Arbeit mancher Menschen ist Kunst. Meine nicht. Wenn meine Fotos zufällig in einer Galerie oder einem Museum ausgestellt werden, soll es mir recht sein. Aber das ist nicht der Grund, warum ich sie mache. Ich bin ein `Auftragskiller´.“, so das vollständige Zitat eines der bekanntesten Fotografen der Moderne in einem Interview Newsweek mit 2004. Aber ganz im Gegensatz zu seinem ironischen Bonmot “killte” er seine “shooting beauties” nicht, sondern verlängerte ihnen ihr Leben sogar bis in die Ewigkeit. Denn die Fotografien von Helmut Newton werden nicht nur von seiner Stiftung gehütet wie ein Schatz, sondern vielmehr noch von internationalen Sammlern gesucht. Ein Grund mehr, sich dieses Großformat des TASCHEN Verlages zuzulegen, denn so günstig kommt kein anderer Newton. Helmut Newton (1920–2004) war sicherlich einer der einflussreichsten Fotografen unserer Zeit. Seine Modelle standen nicht im Studio, sondern in Alltagssituationen, Innenräumen und auf der Straße. Seine Inszenierungen waren oft provokant, eine Mischung aus widersprüchlichen Szenarien, kühler Beleuchtung und bemerkenswerter Bildkomposition.

Brandploitation: Helmut Newtons Modefotografie

Auf 240 Seiten werden in “Helmut Newton. A Gun for Hire” eine Auswahl von Newtons Auftrags- und Modefotografien der frühen 1960er-Jahre bis 2003, u.a. für BiBA (erster Modekatalog 1962), Chanel, Yves Saint Laurent, Versace, Thierry Mugler, Blumarine, Villeroy & Boch und Absolut Vodka, sowie seine letzten Bilder für die amerikanische und italienische Vogue im Format 23 x 30,5 cm gezeigt. Eine Einleitung von Matthias Harder und Statements von June Newton, Pierre Bergé, Tom Ford, Josephine Hart und Anna Wintour ergänzen die großformatigen Abbildungen seiner Fotografien, die er selbst nie als Kunst bezeichnet hätte. Zeitgleich zur Veröffentlichung von “Helmut Newton. A Gun for Hire.” findet in der Helmut Newton Stiftung, Berlin die Ausstellung HELMUT NEWTON. BRANDS vom 3. Dezember 2022 bis 14. Mai 2023 statt. In der Ausstellung werden über 200 Fotografien Helmut Newtons, darunter viele unbekannte Motive aus seinen Kooperationen mit international renommierten Marken wie u.a. Swarovski, Saint Laurent, Wolford, Blumarine, Chanel, Absolut Vodka und Lavazza präsentiert. Der Commandeur dans l’Ordre des Arts et des Lettres ist also nach wie vor präsent und kommt auch mehr als bald 20 Jahre nach seinem Tod zu großen Ehren. Mehr als die meisten anderen Auftragskiller jedenfalls.

Helmut Newton, June Newton, Matthias Harder
Helmut Newton. A Gun for Hire
2022, Hardcover, 23 x 30,5 cm, 1,85 kg, 240 Seiten
ISBN 978-3-8228-4643-8
(Deutsch, Englisch, Französisch)
TASCHEN Verlag
€ 50 | CHF 50


Genre: Fotografie, Kunst, Mode
Illustrated by Taschen Köln

Wien – Abenteuer

Dass Wien auch 2023 zu den ersten Reisezielen bundesdeutscher Besucher:innen zählt, beweist auch die Zweitauflage dieses Reiseführers, der in einer neuen Reihe des Michael Müller Verlages erscheint: “Abenteuer”.

Wien – Morbidität und Walzer Charme

Tatsächlich ist Wien immer noch für viele Reisende deutscher Zunge ein Abenteuer, sogar ein großes. Denn das Idiom der Einheimischen gilt immer noch als unverständlich und erheitert nicht nur Ohren, sondern auch Bauchmuskeln der aus dem Norden und Westen anreisenden Besucher:innen. Judith Weibrecht, studierte Literaturwissenschaftlerin und Psychologin (auch das schadet für Wien nicht), hat sich sogar einem Sprachkurs unterzogen, um besser in den Wiener Untergrund einsteigen zu können. Das tut sie tatsächlich: im zweiten Kapitel steigt sie für eine Tour in die düsteren Keller Wiens, wo sich einst die Särge turmhoch stapelten, so erzählt sie. “Hochkant wurden die Sorge durch ein Loch geschmissen”, erst später wurde eine Treppe nach unten gebaut und so kann man heute den lieben Herrn Franz oder die Aschenbrödel-Mumie (das Skelett trägt nur einen Schuh) in würdigem Abstand bewundern. Wien und der Tod – das passte immer schon gut zusammen, der Tod, das muss ein Wiener sein, sang schon Georg Kreisler oder besser noch brachte es der Helmut Qualtinger auf den Punkt: “Das einzige Lob, das es in Wien gibt, ist der Neid. Die einzige Zufriedenheit, die es in Wien gibt, ist der Tod.” Zentralfriedhof und Dritter Mann leisten heute noch einen großen Beitrag zur sprichwörtlichen Wiener Morbidität, die nur durch die süßen Zuckerlpakete vom Memel wieder aufgehoben werden können. Denn beides gehört in Wien eng zusammen, das Kaffeehaus und die Gruft.

Abenteuer im Untergrund und am Wasser

Schließlich logierte schon Graham Greene für seine Recherchen zum “Dritten Mann” ausgerechnet im Hotel Sacher, Heimat der weltberühmten Sacher-Torte. Das wohl am strengsten gehütete Kuchengeheimnis der Welt wurde x-fach imitiert und doch nie erreicht, aber vielleicht schmeckt die fake Sacher in einer der von Weibrecht besuchten Mensen sogar besser als das Original? Eine ihrer insgesamt acht Stadtführungen nennt sich “Mensaschmaus und Kantinenessen. Eine durchaus schmackhafte Stadtführung”, auch das offensichtlich eine Besonderheit Wiens. Hier findet sich auch das goldene Wiener Herz noch, denn für so manche Kantinenkraft ist ihr Job auch eine Mission. Schließlich stehen die Unimensen auch Nicht-Student:innen zur Verfügung und so kommt man recht preiswert zu einem Menü. Oder man geht ins Franziskanerkloster. Diesen Tip bekommt die Städtereisende auf einer Tour, die von einem Obdachlosen geführt wird. Neue Perspektiven auf das imperiale Wien bekommt man inzwischen aber auch vom Wasser aus. Etwa am Schwedenplatz wo viele Boote anlegen und manche auch vor Anker liegen.

Weitere Abenteuer in Europas Städten

Die Reihe “Abenteuer” des Michael Müller Verlages ist jung und spritzig geschrieben und versucht neue Wege des Städtetourismus zu gehen. Ebenfalls in dieser Reihe erschienen ist auch Prag, Berlin, Hamburg, etc…insgesamt 16 Städte, die aus einer einmal anderen Perspektive gezeigt werden.

Judith Weibrecht
Wien – Abenteuer
2022, 240 Seiten, farbig, 33 Stadtabenteuer zum Selbsterleben, 2. Auflage 2023
MM-Abenteuer
ISBN 978-3-96685-187-9
Michael Müller Verlag
17,90 € (D)18,40 € (A)26,90 CHF

 


Illustrated by Michael Müller Verlag Erlangen

Batman – Child of Dreams

Ein Batman aus Japan Kia Asamiya

Batman – Child of Dreams. Autor und Zeichner Kia Asamiya hat gemeinsam mit Texter Max Allan Collins ein erstes großes Manga über den Dunklen Ritter in Szene gesetzt. Der japanische Comic-Star Kia Asamiya, der moderne Manga-Klassiker wie Silent Möbius und Dark Angel schuf und sogar Star Wars: Episode I als Manga adaptierte, zeigt hier, dass Batman längst auch in Japan angekommen ist. Zumeist allerdings in Form der Filme, wie Kia Asamiya im ebenfalls in diesem Band abgedruckten Interview zu bedenken gibt. Der Comic, der zunächst für den japanischen Markt entstand, wurde später adaptiert und vom erfahrenen Batman-Comic-Autor und Krimi-Romancier Max Allan Collins mit den Dialogen für die westliche Ausgabe ergänzt. Dass der Band von hinten nach vorne gelesen wird, so wie in der japanischen Originalversion, wurde als besonderer Gag beibehalten.

Batman in Japan – Child of Dreams

Die denkwürdige Interpretation des Dunklen Ritters zeigt, wie Batman in Tokio gegen den Joker, Catwoman und den Riddler antritt. Jedoch sind nicht alle das, was sie zu sein scheinen. Manga-Legende Kia Asamiya fängt in seiner Vision für DCs Mitternachtsdetektiv die Ästhetik einer anderen Kultur sowie den Spirit der japanischen Comic-Welt ein. Ein einmaliges Leseerlebnis, das neue Perspektiven ermöglicht und zeigt, dass der Rahmen einer Vorgabe jederzeit auch innovativ gesprengt werden kann. Wie Kia Asamiya in einem Interview anmerkt wurde er von den amerikanischen Comickünstlern wie Frank Miller, Mike Mignola und Todd McFarlane beeinflusst. Er sei auch ein großer Batman-Memorabilien-Sammler, denn auch wenn er Superman bewundere, er würde lieber Batman sein, im wirklichen Leben!

Fanatic oder Fake Fur?

In seiner Batman-Interpretation bringt er eine neue Figur mit ein, die er Yuuko Yagi nennt und auf einer Person basiert, die er wirklich kennt. Aber es ist ein falscher Joker, der die Droge “Fanatic” im grossen Stil in Gotham verteilt und auch ein falscher Batman treibt sein Unwesen. Eine andere Droge, “Fake Fur” sorgt dafür, dass die DNA zerfällt und oft trifft es dann die, die andern eine Grube gruben. “Batman – Child of Dreams” warnt vor zu großem Fanatismus, denn allzu schnell kann aus Bewunderung und Fan-tum eine gefährliche Obsession werden, die schließlich auch dem Objekt der Begierde gefährlich wird. Gut, dass es den echten Batman auch noch gibt.

Die Arbeit an “Batman – Child of Dreams” dauerte über ein Jahr und erschien erstmals in dem Magazine Z, einem mehr als 700 Seiten starken Manga des Verlagshauses Kodansha, das monatlich erscheint. Der Ausgabe vom Panini-Verlag ist ein Interview und ein Making-Of beigefügt, das Zeugnis gibt von einem der gefragtesten japanischen Comickünstler der Gegenwart.

Kia Asamiya
Batman – Child of Dreams
(Original Storys: Batman: Child of Dreams)
Charaktere: Batman, Catwoman, Joker, Riddler
2022, 340 Seiten, Hardcover, Maße ca. 18,5 x 26,5 cm
ISBN: 9783741627705
Panini Verlag
39,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

Black Panther Anthologie

Black Panther Anthologie Panini Verlag

Dem unaufhaltsamen Aufstieg des erstaunlichsten Superhelden Afrikas wird in vorliegender Anthologie Tribut gezollt.
Die besten Black Panther-Storys aus nahezu sechs Jahrzehnten sind in diesem Hardcover-Band versammelt, darunter mit Geschichten von Zeichnern wie Jack Kirby, John Byrne, Mark Texeira, Rich Buckler, Sal Buscema, u.a. sowie Autoren wie Chris Claremont, Chris Priest, Don McGregor, J. Torres, Jack Kirby, Jason Aaron, Reginald Hudlin, Roy Thomas, Stan Lee, Ta-Nehisi Coates.

Vom Coal Tiger zu Black Panther

1966, am Höhepunkt der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, betrat T’Challa aus Wakanda erstmals die Bühne der Welt. Zuerst sollt er noch den Namen Coal Tiger tragen, um Verwechslungen mit den militanten schwarzen Black Panther, einer Bürgerrechtsorganisation, die ein Ende des Rassismus in den USA einforderte, zu verhindern. Es gab aber auch schon ein paar andere schwarze Helden, Vorläufer sozusagen, die aber immer nur Hilfsdienste für andere (weiße) Superhelden leisteten. Lothar etwa, der Koch von Mandrake, oder Ebony White, das Mündel von Will Eisners Spirit oder Captain Marvels Sidekick Steamboat. In den 50igern schuf Stan Lee schließlich den Bantu-Prinzen Waku. 1963 zog der Afroamerikaner Gabe Jones mit Marvels Sgt. Fury sogar gegen die Nazis in den Krieg. Das Eis brach aber eindeutig Black Panther, dem dann auch weitere schwarze Helden wie etwa Falcon, Luke Cage, Blade oder Storm folgten. Ins Kino schaffte es allerdings bisher nur Black Panther. Erstmals 2018 und dieses Jahr mit der Fortsetzung “Wakanda Forever”.

Wakanda für immer!

Stan Lee und Jack Kirby hatten Black Panther ins MCU eingeführt, eine Geschichte die die wahren Ursprünge des Helden aus Wakanda erzählt, wurde aber von Sal Buscema und Roy Thomas in einer Avengers Geschichte erstmals erzählt. Wir erfahren, was Wakanda unter allen Nationen der Welt so besonders macht und dass es seinen Reichtum einem Metall verdankt, das Schall schlucken kann. Aber auch einige interne Intrigen am Hofstaate Wakandas werden offengelegt, denn als der Widersacher Klaw den Vater T’Challas tötet, entsteht ein Machtvakuum, das nicht so schnell wieder gefüllt werden kann. In einer anderen Geschichte kämpft Black Panther gegen Killmonger und seinen Jaguar, “Panther’s Rage” heißt das Abenteuer von Stan Lee, das von Don McGregor 1973 umgesetzt wurde. Jack Kirby zeichnete und schrieb “Kind Solomon’s Frog”, in der ein gewisser Mr. Little dem Helden aus Wakanda assistiert. Storm und Black Panther treffen in “Cry Vengeance” aufeinander. Eine Übersicht über die Freunde und Feinde Wakandas sowie die Autoren des Panthers ergänzen den vorliegenden Sammelband, der einen guten Einstieg in eine Welt ermöglicht, die zwar nur am Papier besteht, seine Realisierung aber in Ihren Träumen findet!

Stan Lee
Black Panther Anthologie.
Wakandas grösster Held.
(Original Storys: A + X (2012) 3, Avengers (1963) 87, Black Panther (1977) 1, Black Panther (1998) 1, 57–58, Black Panther (2005) 18, 39–41, Black Panther (2016) 1, Fantastic Four (1961) 52–53, Jungle Action (1972) 6, Marvel Team-Up (1972) 100)
2022, Hardcover, 324 Seiten
ISBN: 9783741629198
Panini Verlag
35,00 €


Genre: Comic
Illustrated by Panini Comics

The Secret Teachings of All Ages

Das faszinierende Cover von The Secret Teachings of All Ages

The Secret Teachings of All Ages. Dem Stein der Weisen dürfte wohl niemand je so nahe gekommen sein, wie Manly Palmer Hall, der 1928 erstmals diesen Klassiker publizierte. Der gelernte Philosoph aus Kanada behandelt darin
antike Symbole, verborgene Rituale und arkane Praktiken.

Das Wissen der Alten

Eine Enzyklopädie der verborgenen Lehren und das Wissen der Alten in einer luxuriösen Ausstattung mit vielen Abbildungen und zudem 4 hochwertigen Drucken in einem Portfolio. Die Ausgabe erscheint in zwei Bänden im sog. Baby Sumo Format mit kunstledergebundenem Rücken und Goldfolienprägung. Halls Werk war zu seiner Zeit auch als “Das Großes Buch” bekannt, weil es beinahe das gesamte Wissen der damaligen Welt beinhaltete. Anschauliche Illustrationen des Künstlers J. Augustus Knapp und zusätzliche Abbildungen von Mihran Serailian, die im Begleitband zu finden sind, lassen eine okkulte Welt auch in bunten Farben erstehen und bieten den Leser:innen einen einzigartigen Zugang zu fast 60 Kunstwerken. Qabbala, Alchemie, Tarot, Ceremonial Magic, Neo-Platonische Philosophie, Mystery Religions, und auch die Theorie des Rosicrucianism und der Freemasonry werden in vorliegender Prachtausgabe ins Zentrum der Aufmerksamkeit gestellt.

Faith, Honesty, and Common Sense

Die ursprüngliche Idee entstand schon 1923, als der junge Redner aus Los Angeles eine monatelange Reise um die Welt unternahm. Damals noch mit dem Schiff. Hall umrundete Ägypten, China und Indien und vertiefte sich in philosophische und religiöse Geschichten und Praktiken dieser Länder. Sieben Jahre soll er dann an seinem Werk gearbeitet haben, das nun als minutiös restaurierte Version von Halls “Großem Buch” beim TASCHEN Verlag, rund 100 Jahre nach seinem Entstehen, vorgelegt wird. 1934 gründete Hall die Philosophical Research Society (PRS), deren Präsident er bis zu seinem Tod war. Die Philosophical Research Society verfolgt weiterhin seine Mission, die Quellen für all diejenigen zu erforschen, die grundlegendes und praktisches Wissen für das 21. Jahrhundert suchen. Laut ihren Statuten ist die PRS auch heute noch “dedicated to the ensoulment of all arts, sciences, and crafts”. Halls Vermächtnis wird von der PRS mit folgenden Worten zusammengefasst: “With faith, honesty, and common sense we can build a better world than any we have known.

The Secret Teachings of All Ages

Das Begleitbuch ergänzt das Werk mit Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel der Secret Teachings sowie neu entdeckten Kunstwerken, seltenen Fotografien aus Halls Archiven und Essays von den Journalisten Mitch Horowitz und Jessica Hundley.

Manly Palmer Hall
The Secret Teachings of All Ages
Hardcover mit Ausklappseiten im Schuber,
33,5 x 47,5 cm, 356 Seiten, mit Begleitbuch, 23,8 x 32,2 cm, 256 Seiten, beide mit
kunstledergebundenem Rücken und Goldfolienprägung;
4 Drucke in einem Portfolio, je 33,5 x 47,5 cm, Gesamtgewicht 13 kg
ISBN 978-3-8365-8576-7 (Englisch)
TASCHEN Verlag
€ 500 | CHF 500


Genre: Antike, Bildband, Geschichte, Philosophie
Illustrated by Taschen Köln

Corto Maltese – Nacht in Berlin

Corto Maltese – Nacht in Berlin

Corto Maltese, der Sohn eines britischen Seemannes und einer Zigeunerin aus Sevilla (nein, nicht Carmén!), wurde von Hugo Pratt in das Comicuniversum eingeführt. Die Serie wird in vorliegendem Band des Schreiber & Leser Verlages wieder von Ruben Pellejero (Zeichnungen) und Juan Diaz Canales (Szenario) fortgeführt. Sie gestalteten insgesamt schon vier Bände, zuletzt “Tarowean“, ebenfalls bei Schreiber & Leser. Band 16, Nacht in Berlin, führt nun an einen gänzlich neuen Schauplatz. Berlin und Prag, zwei Städte Mitteleuropas in der besorgniserregenden Zwischenkriegszeit, bilden den Hintergrund dieses außergewöhnlichen Abenteuers.

Mitteleuropa im Würgegriff der Bestie

Seine hervorrstechendste Eigenschaft und gleichzeitig sein grösster Fehler ist zweifellos seine Wissbegier und genau die begleitet uns in dieses Abenteuer im alten Mitteleuropa, das von einer menschlichen Bestie heimgesucht wird: dem Nazismus. Ob diese neue politische Gruppe auch hinter dem Mord an Cortos altem Freund steckt? Prof. Jeremiah Steiner, Cortos alter Freund, wird nämlich in Berlin tot aufgefunden und natürlich will Corto herausfinden, wer die Urheber dieser Schandtat waren. Eine Geheimorganisation, die in die höchsten Kreise führt und sich “Consul” nennt, könnte dahinterstecken. Diese Org Consul ist auch in das Verschwinden der Rathenau-Papiere verwickelt, die ihre Machenschaften aufgedeckt hätten. Bei seinen “Ermittlungen” hilft ihm kein Geringerer als der österreichischen Schriftsteller Joseph Roth, der auch das Vorwort zu vorliegender Ausgabe geschrieben hat.

Comic und Geschichte

Natürlich nicht wirklich, denn Roth ist schon seit 1939 tot, aber Juan Diaz Canales hat sich ihn eben als Begleiter und Assistenten für Corto in diesem Abenteuer ausgedacht. Tatsächlich lebte Roth aber in den Jahren 1920-23 in Berlin und arbeitete als Journalist für diverse Zeitungen. Auch die sehr positiv dargestellte Rolle von Friedrich Ebert, mag so manchen Leser:in überraschen. Aber schließlich ist ein Comic ein Comic und kein Geschichtsbuch. Ersteres ist den beiden jedenfalls gelungen: sie haben einen lesenswerten Comic über eines der dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte verfasst und zudem noch den Prager Golem zur Mitwirkung eingeladen.

Champagner-Melancholie in der Weimarer Republik

Dass Corto Maltese im Berliner Untergrund der Weimarer Republik in einem berüchtigten Nachtclub die “Champagner-Melancholie” bekannt ist nur eine von vielen Überraschungen mit denen die beiden Autoren aufwarten. Auch eine Badeszene mit Liese im Berliner Nikolassee bestreitet Corto als alter Seewolf ohne Badehose, aber natürlich ist die Szene dennoch jugendfrei. Viel skandalöser als sein nackter Popo ist schließlich das Heraufdäuen der nazistischen Bestie, genau in der Zeit als in Babelsberg, dem Berliner Hollywood, ein genialer Regisseur einen düsteren, prophetischen Film mit dem Titel “Bestia Triumphans” dreht Aber auch Corto Maltese arbeitet kurz beim Film und springt als Teufel für eine Szene des vermissten Adolf Kraft ein. Dieser Adolf steht ideologisch allerdings auf der entgegengesetzten Seite wie der andere, leider berühmtere Adolf, der sein Unwesen in jenen Tagen in Mitteleuropa dreht. “Traurig, dass Glück nur um den Preis der Unwissenheit zu haben ist“, prophezeit Corto ein alter, es gutmeinender Freund. Was nicht bedeutet, dass nicht auch intelligente Menschen glücklich sein könnten…

Juan Diaz Canales/Ruben Pellejero
Corto Maltese
Nacht in Berlin. Band 16 der Reihe
2022, gebunden, Farbe, 88 Seiten
ISBN: 978-3-96582-088-3
€ 24,80
Schreiber & Leser Verlag


Genre: Comic, Graphic Novel
Illustrated by Schreiber & Leser