Herbert Wernicke. Regisseur, Bühnenbildner, Kostümbildner

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An den am 16. April 2002 mit 56 Jahren früh verstorbenen Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner Herbert Wernicke und das von ihm geschaffene eigene Welttheater erinnert ein üppiger Bildband aus dem Schweizer Schwabe-Verlag. Für Wernicke-Fans unter den Opernfreunden ist die mit 350 Abbildungen reich geschmückte Gesamtwürdigung des Lebenswerks ein Muss.

Wernickes Werk ist ebenso Teil der Salzburger Festspielgeschichte wie er an den Opernhäusern von Frankfurt bis Madrid eindrückliche Spuren hinterließ. Schwerpunkt seiner Arbeit war Basel. Sein Verständnis von Bühnenbild war eine Raumidee, in der sich die Handlung organisch entwickeln kann. Es ging ihm dabei nicht um die pure Bebilderung eines Raumes beziehungsweise um Dekoration als um ein weitgehend ebenso abstrahiertes wie komplexes Gesamtbild.

Herbert Wernicke fühlte sich künstlerisch dem Barock und damit der Vorstellung der Bühne als Allegorisierung von Wirklichkeit verpflichtet. Die Malerei spielte in seinen Arbeiten stets eine deutliche Rolle. Stark setzte er auch auf tragende Symbole im Bühnenbild. Mehrfach tauchte in seinen Inszenierungen ein Flügel auf. Das Tasteninstrument steht als Gleichnis für das Kunstverständnis des aufgeklärten Bürgertums, das den schönen Künsten in seinem Denken weiten Raum gibt und sie hegt und pflegt. Kunst wird als befreiender Moment gefeiert, der vom Dunkel der realen Welt abhebt und sich gleichzeitig ausdrücklich vom kunstfeindlichen Kleinbürgertum distanziert.

Seinem Verständnis von Bühne als Gesamtkunstwerk entsprach seine Arbeitsteilung: Wernicke war Regisseur, Bühnenbildner, Beleuchter und Kostümbildner in einem. Um sich herum scharte er nach dem Werkstattprinzip Assistenten und Mitarbeiter, denen die Umsetzung seiner Entwürfe oblag. So schuf er ein ihm eigenes Bühnenuniversum, in das er die Sänger begleitete. Kritiker nannten dies „Wernickes Welttheater“.

Als Beispiel für seine Kunst sei die Inszenierung von Wagners Tetralogie „Ring des Nibelungen“ zitiert. Die Szenographie bestand aus einem festen Bühnenbild für alle vier Teile: Der Bühnenraum wird beherrscht von einem fensterartigen Mauerdurchbruch, der den Blick auf ein faszinierendes Alpenpanorama freigibt. Hoch oben thront Walhall, die von den Riesen Fasolt und Fafner im Auftrag Wotans erbaute Götterburg. Allein durch die unterschiedliche Beleuchtung erscheint der Hintergrund mal erhaben prunkvoll, mal dekadent luxuriös, mal morbid und dem Untergang geweiht. Im Vordergrund agieren die Sänger.

Der vorliegende Bildband bietet neben 13 Aufsätzen, die kundig versuchen, sich der Regiewelt Wernickes anzunähern, einen eindrucksvollen Teil vom Werden einer Inszenierung. Anschaulich lässt sich der Weg einer Oper von einer Raumidee über Zeichnungen, Entwürfe, Modelle und Kostümbilder bis zu Proben und zur Aufführung nachvollziehen. Wernicke selbst beschrieb diesen Prozess wie folgt: „Es ist wie bei jedem Stück, das erstmals aus so einem Urschwamm entsteht, eine Forschungsaufgabe: dahinterzukommen, was gemeint sein könnte, und das mit der eigenen Welt in Verbindung zu bringen, um durch Träume, Visionen oder auch etwas, was man im Alltäglichen sieht, eine Materialsammlung im Kopf zu veranstalten. Daraus entstehen dann manchmal Bilder und manchmal nicht.“

Diskussion dieser Rezension im Blog der Literaturzeitschrift


Genre: Oper
Illustrated by Schwabe Basel

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