In 8 Sekunden durch die Zeit

In seinem SF-Roman „In 8 Sekunden durch die Zeit“ befasst sich Thomas Kämpf mit dem Phänomen der Zeitreise und dem damit verwobenen Großvater-Paradoxon.

Hinter dem Großvater-Paradoxon verbirgt sich der Gedanke, dass ein Enkel seinen eigenen Großvater erschießt und damit seine eigene Geburt verhindert. So schön die Idee ist, in eine Zeitmaschine einzusteigen, um durch einen kühnen Zeitsprung beispielsweise die Geburt Adolf Hitlers und anderer Massenmörder zu verhindern, so ziemlich alle Zeitläufe würden auf diese Weise zerstört.

Einige Theoretiker entwickelten deshalb die Theorie des selbstkonsistenten Universums. Danach kann die Vergangenheit nicht verändert werden, was immer auch unternommen wird. So sehr sich also der mordlüsterne Enkel auch bemüht, er kann seinen Großvater nicht erledigen.

Mittels der Quantentheorie stieß man auf eine neue Möglichkeit, die „Viele-Welten-Interpretation“. Diese Theorie sagt, dass ein Paradoxon erst garnicht auftreten kann, weil jede Veränderung ein neues Universum kreiert. Reist also der Enkel in die Vergangenheit zurück und tötet den Großvater, erschafft er mit dieser Tat lediglich ein alternatives Universum, das unabhängig von demjenigen, aus dem er einreist, weiter wie bisher verläuft.

Letztere Theorie nutzt beispielsweise Blake Crouch in seinem lesenswerten Meisterwerk „Dark Matter. Der Zeitenläufer“ oder auch Frank Schätzing in seinem schwerfälligen Roman „Die Tyrannei des Schmetterlings“.

Thomas Kämpf nun lässt seinen Helden Rainer Luft, der als elternloses Findelkind in Berlin aufwuchs, in einen Quantengleiter mit dem schönen Namen ASPIRIN III in die Vergangenheit reisen, um seine Eltern ausfindig zu machen und konkret zu verhindern, dass es zu seiner Erzeugung kommt.

Die kuriose Story beginnt im August 1991, als Luft, Schadensabwickler einer Versicherung, gewaltsam in den Quantenexplorer des Vereins zur Rettung des Multiversums verbracht wird, den ein Professor Edelmann, der lediglich als Hologramm existiert, steuert. Der Kommandant des Raumschiffes, ein riesiger Kerl in Feinrippunterwäsche namens Dillbord, der sich blitzschnell verwandeln kann, erklärt Luft, im Jahre 2014 seien erstmals Anomalien festgestellt worden, die das Multiversum in Frage stellten. Danach werden die Membranen der verschiedenen Welten von Wurmlöchern perforiert, die das Gesamtgefüge zum Einsturz bringen können.

Lufts Anteil an einer Verhinderung eines Chaos sei beträchtlich, deshalb werde man eine Zeitreise antreten, die ihn auf den Zeitpunkt kurz vor seiner Fekundation, also seiner Zeugung, zurückbeame. Ziel sei, den Zeugungsakt zu verhindern.

Die ASPIRIN III switscht in das Berlin vor dem 13. August 1961, und dieses mit dem Berliner Mauerbau verwobene geschichtsträchtige Datum bietet dem Autor eine ganze Palette von wundervollen Verwicklungen mit DDR-Politgrößen, russischen Offizieren und der Staatssicherheit. Schließlich  werden aufgrund der Berechnungen von Edelmann und Dillbord die beiden möglichen Erzeuger von Rainer Luft ausgemacht.

Nun beginnt eine wilde Jagd, um zu verhindern, dass die lieben Liebenden sich umschlingen und folgenreich Körpersäfte tauschen. Dummerweise hat die künftige Mutter eine Freundin, die Luft ganz bezaubernd findet und so wird der auserwählte Retter des Multiversums auch noch von seiner eigentlichen Mission abgelenkt.

All dies wird mit viel Humor und gelegentlichem Augenzwinkern in einer spannenden Spielhandlung erzählt, die am Zeugungstag kulminiert und auch darüber hinaus vielfache Verwicklungen auslöst. Und so wundervoll desaströs auch die ganze Geschichte daherkommt, so schwer ist sie auch einzuordnen, wenn dies denn gewünscht wird. „In 8 Sekunden durch die Zeit“ ist eine kurios-komische Zeitreise-Seifenoper mit politischem Tiefgang und philosophischen Aspekten oder kürzer ausgedrückt: eine lesenswerte SF-Komödie.

Ursprünglich als Hörspiel konzipiert hat das Buch sehr viel mehr Tiefgang und Humor. Leider ist das E-Book in einem Wurmloch verschollen und derzeit nicht erhältlich.


Genre: Humor und Satire, Science-fiction
Illustrated by Selbstverlag

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